Sir Robin Knox-Johnston hat als erster Segler das Golden Globe Race erfolgreich absolviert, und vor 50 Jahren war er der Einzige, der überhaupt angekommen ist. Mit 80 Jahren hat er das von Havarien, Schicksalsschlägen und einem dramatischen Finale geprägte Golden Globe Race vor vier Jahren genau analysiert.
Das Rennen
float stellt seine 2019 erstmals veröffentlichte Analyse in deutscher Sprache vor. Die Übersetzung und Bearbeitung übernahmen Tommy Loewe, Kerstin Zillmer und Stefan Gerhard.
Die Regeln des Golden Globe Race 2018 waren einfach: Solo nonstop um die Welt segeln, und zwar von Les Sables d’Olonne in Frankreich aus einmal rundum – und zurück zum gleichen Vendée-Hafen, ohne Land zu berühren.Und ohne Unterstützung von außen zu erhalten. Der Kurs: die traditionelle Segelschiffroute. Vom Atlantik in den Südlichen Ozean, durch die Roaring Forties und Furious Fifties an Australien vorbei und ums Kap Hoorn. Die Bootslänge für die Langkieler, die vor 1988 entworfen sein mussten, war mit 32 und 36 Fuß vorgeschrieben.

17 Boote traten zum Start am 1. Juli 2018 an. Während ihrer Passage durch den Südlichen Ozean kenterten fünf der Skipper, ihre Boote wurden alle entmastet. Fünf der 17 Skipper werden das Rennen voraussichtlich komplett durchsegeln. Als Letzter wird Tapio Lehtinen, der fünftplatzierte Segler aus Finnland, als Nachzügler das Ziel im Mai erreichen.
Von Schurken und Monstern
Der Südliche Ozean ist die einzige Meeresfläche, die komplett um den Globus reicht, ohne dass Land dazwischen liegt, was die Wellen in ihrer Entwicklung aufhalten kann. So entstehen hier regelmäßig Riesenwellen. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass sich bis zu 27 Meter große Wellen bilden, Schurken- oder Monsterwellen genannt. Und die Stürme werden stärker, wie ein neue Studie belegt.

Die Kraft dieser Wellen ist extrem. Eine 12-Meter-Welle hat einen Brechdruck von etwa 6 Tonnen pro Quadratmeter, während eine Monsterwelle einen Druck von bis zu 100 Tonnen pro Quadratmeter erzeugen kann. Simulationen deuten darauf hin, dass Riesenwelle entstehen können, wenn Wellen sich in einem Winkel von 120 Grad kreuzen. In den letzten 30 Jahren haben die typischen Wellenhöhen global zugenommen.
Die Höhe der Schaumkrone einer brechenden Welle muss nur etwa die Hälfte der Bootslänge betragen, damit das Boot ins Rollen kommt. Das bedeutet, dass selbst eine vergleichsweise „kleine“ sechs Meter hoch brechende Welle ein durchschnittliches Boot von 36 Fuß Länge zum Rollen bringen kann. Je größer das Boot, wie etwa die Open-60-Klasse, desto schneller und weniger anfällig ist es.

Die Teilnehmer des Golden Globe Race waren sich der Gefahr durch brechende Wellen bewusst. In einer brechenden Welle bewegt sich das Wasser am Wellenkamm viel schneller und kann ein Boot mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 Knoten treffen. Dies wird durch die meisten Berichte über Kenterungen beim Golden Globe Race bestätigt: Das Geräusch der sich nähernden brechenden Welle war bereits zu hören, bevor sie zuschlug.
Helfen Treibanker oder Warp-Leinen?
Die Erfahrungen mit Treibankern und Warp-Leinen beim Golden Globe Race sind eindeutig. Robin Knox-Johnston (GBR) selbst nutzte beim GGR 1968 keine dieser Bremshilfen, als er kenterte. Danach hat er Warp-Leinen im Sturm gesetzt. Das Boot drehte sich sofort mit dem Heck zu den Wellen. Während der folgenden dreieinhalb Monate gab es keine weitere Kenterung mehr.

Auf dem Weg zum Start des Golden Globe Race 2018/19 kenterte Shane Freeman (AUS) mit seiner Tradewind 35. Westlich von Kap Hoorn, während der Überführung von Australien, hatte er keine Warp-Leinen oder Treibanker gesetzt. Das Boot wurde entmastet, und Shane musste das Boot verlassen.
Viele kenterten, zum Teil mehrfach
Während des aktuellen Golden Globe Race erwischte es dann weitere Seglerinnen und Segler. Are Wiig hatte an Bord der 32 Fuß langen Olleanna keine Warp-Leinen oder Treibanker gesetzt. Zum Zeitpunkt der Kenterung ließ der Wind gerade nach. Sein Boot wurde entmastet, aber Are erreichte den nächsten Hafen mit Notrigg.

Marc Slats, der das GGR als Zweitplatzierter beendete, hatte vor der Kenterung seiner Rustler 36 keine Warp-Leinen oder Treibanker gesetzt. Es gab keinen Schaden am Rigg, und er konnte das Rennen fortsetzen.
Gregor McGuckin hatte vor der Kenterung auf seiner Biscay 36 Warp-Leinen gesetzt. Sein Boot verlor den Mast und er gab das Boot schließlich auf, weil er trotz Notrigg kaum voran kam.
Abhilash Tomy auf seiner Eric 32 hatte weder Warp-Leinen oder Treibanker gesetzt, als er unweit von McGuckin kenterte. Auch sein Boot wurde dabei entmastet. Tomy wurde nach vier Tagen abgeborgen, die er verletzt unter Deck verbracht hatte. Er musste sein Boot ebenfalls aufgeben.

Mastbrüche in Serie
Das Boot von Loïc Lepage erlitt den Bruch eines Stages im Rigg. Das führte zum Mastbruch seiner Nicholson 32. Ohne Kenterung musste er dennoch sein mit Wasser voll laufendes Boot verlassen.
Susie Goodall hatte Treibanker bei ihrer Rustler 36 ausgesetzt, bevor sie durchkenterte. Es scheint, als sei die Leine gebrochen. Dadurch beschleunigte das Boot plötzlich, tauchte ein und kenterte über den Bug. Der Mast ging dabei verloren. Die 29-jährige Seglerin musste das Boot verlassen und wurde abgeborgen.