Wie viel Party verträgt der See? Das fragte float bereits vergangenes Jahr, als die Beschwerden über Lärm auf dem Wasser sich häuften. In Berlin, aber auch in anderen Regionen scheint mit zunehmender Nutzung auch die Belästigung durch Feiernde an Bord von gemieteten Booten weiter zuzunehmen. Und keineswegs nur wegen Lärms. Berliner Ruderer fordern in einer Petition sogar zwei motorbootfreie Sonntage im Jahr. Dazu gingen vor wenigen Tagen hunderte Wassersportler in ihren Booten aufs Wasser. Was ist da los?
„Wir sind nicht per se gegen Motorboote“, stellt Erik Haase, einer der Demo-Initiatoren, gegenüber float klar. Vielmehr gehe es um Menschen, die Regeln auf dem Wasser ignorieren und dabei andere gefährden. Urheber der nicht ganz neuen Petition ist eine Initiative aus dem Wassersport. Und zwar von nicht-motorisierten Wassersportlern, die mit Jollen, Paddel- und Ruderbooten unterwegs sind.
Die Berliner Gewässer hätten sich „zu einer scheinbar regellosen Erlebniswelt entwickelt“, beklagen Ruderinnen und Ruderer der Treptower Rudergemeinschaft aus dem Osten der Hauptstadt. Sie beobachten eine zunehmende Rücksichtslosigkeit am Steuer von Motorbooten, die ihnen durch abrupte Kursänderungen, heftigen Wellenschlag und zu dichtes Überholen gefährlich werden.
„Auf dem Wasser hat sich in unseren Augen ein allgemeines Gefühl der Straflosigkeit breitgemacht“, steht in der Petition, die seit ihrer Veröffentlichung 2021 nach Eigenaussage rund 3.500-mal unterschrieben wurde. Und die Beschwerdeführer belassen es nicht beim Sammeln von Unterschriften.
Sondern sie demonstrieren: 500 Rudererinnen und Ruderer sowie andere nicht-motorisierte Wassersportler haben in der Hauptstadt mit einer Wasser-Demo auf den Flüssen Dahme, Spree und auf dem Müggelsee protestiert. Die Wasserschutzpolizei sperrte die Demo-Strecke für sie, so lag für einige Stunden Stille über dem Wasser. Unter dem Motto „Mehr Sicherheit auf dem Wasser“ legte der ungewöhnliche Demonstrationszug mehrere Kilometer zurück.
„Im Zweifelsfall geht man unter“
Auf Transparenten forderten die Demonstranten unter anderem, dass künftig die Führerscheinpflicht auf dem Wasser in Berlin schon ab 5 PS gelten sollte. Als besonders problematisch werden in der noch immer beworbenen Petition „PS-starke führerscheinfreie Mietboote“ beschrieben. 15 PS sind das Maximum, mit dem heute führerscheinfrei gefahren werden kann – wirklich PS-stark ist das nicht.
„Viele dieser Charterboote sind relativ leicht, sodass man damit ohne Weiteres 30 km/h schnell wird“, so Haase. Er wirbt um Verständnis für Ruderer und Kanuten, „die Fußgänger auf dem Wasser“. Denn: „Das macht eine fette Welle, und als Ruderer oder Kanute geht man dann im Zweifelsfall unter.“ Hinzu komme: „Wir haben beide Hände an den Rudern, da können wir auch nicht einfach ein Foto von dem Verursacher machen.“ So komme es selten zu einer Sanktion.
Die falsch verstandene Idee der Freiheit und Grenzenlosigkeit betreffe zwar auch „alte Hasen“ mit Sportbootführerschein, die das Tempolimit sehr genau kennen würden. Doch die meisten von ihnen hätten Verständnis für schwächere Verkehrsteilnehmer auf dem Wasser und würden rechtzeitig das Tempo drosseln, so Haase.
Die zweite Forderung geht weiter. „An zwei Sonntagen während der Wassersportsaison, zum Beispiel vor und nach den Sommerferien, sollen Motorboote egal welcher PS-Leistung in Berlin ruhen“, heißt es in der Petition.
Das sorgt für Unmut beim Berliner Motoryachtverband (MVB). Dort hält man die Petition für „unsolidarisch, undifferenziert und ungenau“. Die Initiatoren ignorierten offensichtlich, „dass die motorisierten WassersportlerInnen ebenfalls die Gewässer zur Erholung nutzen“, retournierte der Verband schon kurz nach der Veröffentlichung der Petition.
Unfähige Miet-Kapitäne?
Die „populistische Petition“ schere „alle MotorbootfahrerInnen über einen Kamm“. Dabei seien die organisierten Ruderer und Motorbootfahrer in vielen Punkten gleicher Meinung – vor allem, was die oft fehlende Kompetenz von Mietboot-Bootsführern angeht.