Die Expedition startet von Kapstadt aus ins Weddellmeer am 22. Februar 2022. Das Team ist auf der Suche nach der Endurance, dem Forschungsschiff von Sir Ernest Shackleton, das 1915 in diesem Meer versank. Seit hundert Jahren ist der britische Polarforscher tot, fast genauso lange ist es her, dass er sein Schiff, die Endurance, dem Polareis überlassen und sich mit seiner 28-köpfigen Crew aufs Schelfeis retten musste. Niemand kam ums Leben, Shackleton nie ans Ziel.
Nichts ist zu spüren von der Dramatik von damals. Mit fünf Knoten bahnt sich das Polarforschungsschiff S.A. Agulhas II mit seinem stählernen Rumpf kraftvoll den Weg durch das meterdicke Eis. Die Chancen ans Ziel zu kommen liegen laut Prognosen bei nur zehn Prozent. Aber der Eisbrecher gräbt sich gelassen durch das Polareis, bis er die errechnete Position erreicht. Bereits 2019 hatte ein Forschungsteam sich im Weddellmeer auf die Suche gemacht, war aber nicht fündig geworden.

Der erfahrene Meeresarchäologe Mensun Bound, Direktor der Endurance22-Expedition, kennt sich mit Wracks aus. Schon seit 50 Jahren ist er auf der Suche nach ihnen. Das internationale Forscherteam, dem er vorsteht, hatte dank historischer Aufzeichnungen und Eismodellen den möglichen Untergangsort im Wedellmeer identifizieren können. Nico Vincent, der Unterwasser-Projektleiter, lässt nun das Gebiet mit autonomen Meeresrobotern absuchen. Die mit Sonar und visueller Überwachungstechnik ausgestatteten Roboter können sich mehr als 160 Kilometer von ihrer Steuerungsstation entfernen und halten extremem Druck und Temperaturen stand. Trotzdem ist das Zeitfenster eng und die Chancen auf den Fund des Wracks gering.
Fürs Eis gebaut

281 Tage lang hält der Rumpf dem Eis stand. Dann gibt er nach und die Endurance sinkt am 21. November 1915 in die Tiefe. Geistesgegenwärtig hatte der Kapitän Frank Worsley nach Verlassen des Schiffes die Position mit seinem Sextanten berechnet. Aber der Himmel war bewölkt an jenem Tag und die Messungen nicht genau genug. Auch die festgehaltene Uhrzeit stimmte nicht, denn die Uhren an Bord gingen zu schnell. Hinzu kam die Strömung des Treibeises. Das hölzerne Forschungsschiff 106 Jahre später auf dem Meeresgrund unter dem Eis zu lokalisieren, hieß eine Nadel im Heuhaufen zu suchen.
