Ich war nie ein Regattafreak. Enge Manöver sind mir ein Graus. Wenn ich an Regatten denke, dann spielen sich in meinem Kopf Szenen ab, wie man sie aus großen Seeschlachtenbildern kennt. Samt Geschrei und Enterversuchen gegnerischer Crews. Wie zutreffend dieses Bild ist, sollte ich erst erfahren, als ich das erste Mal die Barcolana mitsegelte. Noch dazu auf einem relativ kleinen Boot, einer Dehler 31 namens Levje.

Vom Triester Absegeln zur Riesen-Regatta
Warum also die Barcolana? Wer dieses einzigartige Spektakel vom Leuchtturm Faro della Vittoria über der Bucht von Triest beobachtet hat, dem bleibt das Bild eines Teppichs von Schiffen für immer in Erinnerung. 2017 durfte ich auf der Maxiyacht Force 9 of London am Vortag der Regatta am Training teilnehmen. In der Ruhe der aus 17- bis 25-jährigen bestehenden Crew, die das riesige Schiff perfekt im Griff hatte, lag eine Kraft, die elektrisierte. Auch Wolfgang, den Mann an meiner Seite, ließen die Bilder nicht mehr los. Er hatte ein Jahr Zeit, um mich mürbe zu machen.
Als 1969 die Barcolana das erste Mal an den Start ging, waren es 51 Boote, die dem Aufruf zu einer simplen Absegel-Regatta folgten. Zehn Jahre lang war die Regatta vor allem eine lokale Veranstaltung, organisiert vom Yachtclub Società Velica di Barcola e Grignano für die Triestiner Yachtclubs. Mit dem Freizeitboom der 1980er-Jahre wurde daraus allmählich das, was heute eine der größten Regatten der Welt ist.

Beim bodenständigsten Segelclub der Welt
Als wir die Società Velica di Barcola e Grignano eine Woche vor der eigentlichen Regatta betreten, ist es im wohl bodenständigsten Club der Welt wuselig vor lauter Teilnehmern. Die sonst gerne auf edles Ambiente bedachten Italiener geben sich bescheiden. Hier geht’s ums Segeln. Basta. Gegessen wird draußen, während die Kleinen sich auf ihre Opti-Regatta vorbereiten.
Denn über die Abschlussregatta am zweiten Oktoberwochenende hinaus ist die Barcolana ein Festival. 14 Wettfahrten werden hier in zehn Tagen ausgesegelt. Allein an der Barcolana Young für Kinder der Geburtsjahre 2003 bis 2009 sind Hunderte Teilnehmer gemeldet. Zwischen den bereits aufgeriggten Optimisten gibt es kaum eine Freifläche, um das Panorama mit Blick auf das Habsburger-Kastell Miramare zu genießen.

Eine Bora mit 30 Knoten ist angesagt
Als wir vor dem Tresen im Club stehen, den jeder der Skipper besuchen muss, um sich anzumelden und die Startnummer abzuholen, begrüßen uns gleich drei freundliche Damen. Mit unserer Voranmeldung aus Deutschland hat etwas nicht geklappt. Die Überweisung ist nicht eingegangen. Aber kein Problem! Die Damen bestehen darauf, uns anzumelden. Soviel Vertrauen muss sein.
Mit der Startnummer 1.352 und einer prall gefüllten Sponsorentasche, die jeder Skipper erhält, ziehen wir von dannen. Sie enthält neben dem in dieser Region obligatorischen Prosecco auch Tassen, Thunfisch, Tomatensauce, dazu Schokoladencreme fürs Frühstück, Mineralwasser, Sonnencreme, Duschgel, eine Einkaufstasche und diverse Broschüren.
Nun, verhungern werden wir bestimmt nicht und für den Sonnenschutz ist damit auch gesorgt. Ob er benötigt wird? Wir werden sehen. Für die folgende Woche eine Bora mit 30 Knoten angesagt. Habe ich bereits erwähnt, dass ich enge Regattafelder fürchte? Ich bin froh, dass mein Cousin Daniele uns begleitet. Seine Ruhe ist sprichwörtlich. Er fährt auf seinem kleinen Boot täglich Hunderte Touristen am Lago Maggiore über den See. Ihn kann nichts erschüttern.
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