Es ist Samstag, der 21. Oktober 2023, der Tag nach dem Jahrhundert-Hochwasser an der schleswig-holsteinischen Ostsee. Der Tag, an dem das Ausmaß der Gewalten sichtbar wird, die der Sturm in den vergangenen 24 Stunden entwickelt hat.
Über Stunden ist der Orkan aus Ost am Freitag gegen die Küste angerannt. Er hat die Wellen hochgepeitscht und die Sturmflut auf ein Maß anschwellen lassen, das es seit über 100 Jahren nicht gab – so wie es Meteorologe Sebastian Wache auf float kurz zuvor prognostiziert hat.
In den Hafenstädten und Orten an der Küste wird besonders sichtbar, was Wind und Wellen anrichten können. Tonnenschwere Gehweg-Platten wurden aus den Promenaden hochgedrückt, Spundwände hinterspült, einige Deiche sind gebrochen. In der Nacht wurden in Ostholstein und im Kreis Rendsburg-Eckernförde Campingplätze und Ferienhaussiedlungen geräumt.

Der Ort Maasholm an der Schlei wurde evakuiert, auch in Schleswig und Eckernförde gab es Räumungen. Am Tag nach dem Sturm eilen die Bootseigner in die Sportboothäfen und stehen vor einem Bild der Verwüstung.
Hohe Dunkelziffer bei gesunkenen Booten erwartet
Im Olympiahafen von Schilksee begutachtet Philipp Mühlenhardt, Geschäftsführer der Sporthafen Kiel GmbH, die Schäden gemeinsam mit Gerwin Stöcken, dem Kieler Stadtrat für Soziales, Wohnen, Gesundheit und Sport. „Wir haben bisher 45 gesunkene Yachten ausgemacht. Es dürften aber noch einige mehr sein“, berichtet Mühlenhardt.
Denn sichtbar sind nur die Yachten, bei denen der Mast noch steht. Etliche Eigner hatten das Rigg aber bereits gelegt. Die Dunkelziffer wird erheblich sein. Das Wasser im Hafenbecken ist so trübe, dass es keine Sicht gibt. Die aufgewühlte See hat reichlich Sediment in den Hafen gespült, dazu mischt sich Öl und Diesel aus den untergegangenen Yachten. Ein übler Geruch steigt aus dem Hafenbecken auf, das THW legt Ölsperren aus.
Als die Prognosen über den Oststurm in den vergangenen Tagen aufliefen, hat Mühlenhardt seinen Familienurlaub abgebrochen. Er war nach Kiel geeilt, um mit seinen Mitarbeitern zu retten, was noch zu retten war: „Wir haben um jedes Boot gekämpft, aber um 20 Uhr am Freitagabend mussten wir abbrechen. Da wurde es lebensgefährlich.“
„Die letzten 30 Zentimeter waren zu viel“
Die Ostseewelle rollte inzwischen über die Mole hinweg, riss sogar große Steine aus dem Bollwerk. Bis nach Mitternacht wütete der Sturm weiter, erreichte an der Messstation am Kieler Leuchtturm die Höchstmarke von 71 Knoten. Im Hafen wurden Stege zerfetzt, Poller umgedrückt. Festmacherleinen rissen, Yachten wurden von Wind und Wellen auf die Stege gehievt oder unter Wasser gedrückt.
Bis auf 6,89 Meter kletterte der Wasserstand in Schilksee, 5,04 Meter bilden hier das Normal-Null. Mühelos übertraf der tatsächliche Wasserspiegel die Prognosen, die immer wieder nach oben korrigiert wurden, bei 1,60 Meter aber den Höchststand voraussahen.
Ein Kommentar
Selber Schuld. Es war lange genug angekündigt.