Mildes Ostseeklima, lange, weiße Strände und eine traumhaft schöne Lage auf der Insel Usedom – im damals noch deutschen Swinemünde begann schon Mitte des 19. Jahrhunderts das Bade- und Kurleben, nur etwa 160 Kilometer von Berlin entfernt. Bereits Kaiser Wilhelm II. genoss hier die salzige Ostseebrise, als Kessin machte es in Fontanes Roman Effi Briest Furore.
1826 wurde in Swinoujscie das erste Kurbad errichtet, ab 1827 legte Peter Joseph Lenné (1789–1866), der Direktor der Königlichen Gärten zu Berlin, den Kurgarten an. Auch die mondäne Promenade entstand zu dieser Zeit, genauso wie etliche Jugendstilvillen – vieles erinnert noch heute an die Zeit, als der Kaiser hier Urlaub machte. Kein Wunder also, dass Einheimische ihr Seebad liebevoll auch als „viertes Kaiserbad“ (neben Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin) bezeichnen.
Dabei hieß Świnoujście nicht immer so. Bis 1945 gehörte die Stadt zum Deutschen Reich und hörte auf den Namen Swinemünde, erst Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es von der Sowjetunion der Verwaltung der Volksrepublik Polen unterstellt.

Dies und noch vieles mehr über die Ortsgeschichte lernen Reisende heute im Museum für Hochseefischerei im alten Rathaus oder in den Forts der einstigen Swinefestung. Den besten Überblick auf die Stadt hat man übrigens vom Leuchtturm auf der Woliner Seite – dem mit 68 Metern höchsten Polens.
Der Leuchtturm
Er trägt kein rot-weiß gestreiftes Kleid und zählt dennoch zu den schönsten Leuchttürmen der Ostsee. Denn mit immerhin 68 Metern ist er der höchste Leuchtturm des Landes (lange Zeit war er sogar der höchste der ganzen Welt). 308 Stufen muss man erklimmen, um zu seiner Spitze zu gelangen, doch die Aussicht von oben entschädigt für alle Mühen. Zierte ihn anfangs eine achteckige Form, erhielt er ab 1901 seine jetzige runde Gestalt. Noch heute dient der Riese der Markierung des östlichen Ufers der Swine. Im Sockelgebäude befindet sich das Museum für Leuchtturmwesen und Meeresrettung.
Die Mühlenbake
Schon 1873 wurde sie in alten Schriftstücken erwähnt: Die Mühlenbake mutet zwar manchmal etwas griechisch an, ist aber ein klassisch deutsches Bauwerk. Auf der Westmole des Hafens zeigt die stilisierte Windmühle den Schiffen die Einfahrt in die Swine.
Mit ihrem weißen Kleid, den hübschen Mühlenflügeln und dem dekorativen Ostseehintergrund ist sie nicht nur eines der Wahrzeichen der Stadt – das sich auch im Wappen wiederfindet –, sondern auch ein beliebtes Fotomotiv.
Die Engelsburg
Das Fort an der Mündung der Swine in die Ostsee hat ein berühmtes Vorbild. Das Mausoleum des römischen Kaisers Hadrian in Rom, die Engelsburg genannt, stand bei der Gestaltung und der Namensvergabe Pate. Erbaut wurde die Burg in den Jahren 1854 bis 1858 unter der Herrschaft des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., mit der Aufgabe, den Hafen und das Hinterland von Swinemünde vor Angriffen zu schützen.
Während des Zweiten Weltkrieges diente es als Luftwachstation für die deutschen Streitkräfte, bis 1992 war es ein russischer Luftbeobachtungs- und Kommunikationspunkt. Heute kann man im Engelsburg-Café nicht nur Kaffee und Kuchen genießen, sondern sich auch am Blick von der Aussichtsplattform auf die Ostsee erfreuen.
Die Europapromenade
Grenzenlos unterwegs am Ostseestrand. Wäre da nicht das symbolische Tor mit der zweisprachigen Gedenkplakette, würde heute kaum noch jemand bemerken, wann und wo genau er auf der Ferieninsel Usedom die deutsch-polnische Grenze passiert. Wo früher kein Durchkommen war, verbindet seit 2011 die gut 12 Kilometer lange Europapromenade Świnoujście mit den benachbarten deutschen Kaiserbädern.

Von der Mühlenbake geht es zu Fuß oder mit dem Fahrrad durch das Kurviertel und dann weiter über die Dünen bis nach Ahlbeck, Heringsdorf oder Bansin. Wer nach dem obligatorischen Cappuccino im Strandcafé keine Lust hat, denselben Weg zurück zu nehmen, fährt einfach mit einem der regelmäßig verkehrenden Ausflugsschiffe wieder nach Polen.
Von See aus
Der polnische Kurort richtet sich auf seinen Ostseestrand aus. Vom Hafen aus erlebt man eine ganz andere Stadt. Wenn man mit dem Schiff einläuft, lernt man Swinoujscie/Swinemünde von seiner alltagscharmanten Seite kennen: Plattenbauten und Piroggen aus der Fertigpackung. Aber entspannt.