Wetter-Routing: Telefon-Joker für den Skipper | float Magazin

Noch ist die See ruhig, aber die düsteren Wolken verheißen Sturm © Maryia Bahutskaya
Wetterrouting

Telefon-Joker für den Skipper

Wetter-Routing auf hoher See, eigentlich Alltag für Wetterwelt-Meteorologen, wird manchmal zur dramatischen Rettungsaktion.

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5 Minuten | 3 Kommentare

Sturmwarnung für die Biskaya

Segelyacht in schwerer See
Noch ist das Sturmtief im Herannahen, die Crew hat bereits die Segel gerefft © Boba-Jovanovic

Zu langsam zum Entkommen

Wetterwelt-Meteorologe Sebastian Wache an seinem Arbeitsplatz
Wetterwelt-Meteorologe Sebastian Wache übernimmt das Routing für den Segler © Wetterwelt
Parallel zum Telefonat prüfe ich alle relevanten Alternativen für ihn. Seine Aussichten sind wirklich bedenklich: Mit Herannahen des Tiefs wird der Wind vorderseitig zeitweise auch noch auf Südost drehen und somit auf den letzten Seemeilen voll gegenan stehen. Somit bleibt nur eine Rettung: sofort Kurs nach Westen bzw. Nordwesten zu setzen.

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Auf die Nordseite des Tiefs

WetterWelt GRIB-Daten zeigen das Tief nördlich von A Coruna. Eingezeichnet ist der Routenvorschlag. START zeigt die Position der Yacht bei Kontaktaufnahme
WetterWelt-Daten zeigen das Tief nördlich von A Coruna mit dem Routenvorschlag © Wetterwelt

Ich rate dem Skipper, sein Ruder sofort auf einen westlich gelegenen Wegpunkt zu korrigieren, um keine Zeit zu verlieren. Es verlangt schon Vertrauen, auf den Rat einer fremden Stimme im Satellitentelefon zu hören und weg vom Festland und den sicheren Häfen Ruder zu legen in Richtung offener Atlantik.

Die Zeit wird langsam knapp

Der ARC-Tracker zeigt den Zeitpunkt, bei dem die langsamen Boote nach West abdrehen
Der Tracker zeigt den Moment, an dem die langsameren Yachten nach Westen abdrehen © Wetterwelt
Etwa eine Stunde später dann die erlösende Antwort: Sämtliche verbliebenen Boote folgen der Empfehlung! Als Richtkoordinate gebe ich ungefähre zehn bis elf Grad West aus. Auf dem Weg dorthin ist es zunächst vorwiegend schwachwindig. An Bord dürfte man zu diesem Zeitpunkt noch zweifeln, wo in so kurzer Zeit plötzlich ein Sturmtief auftauchen sollte. Doch es handelt sich einmal mehr um die berühmte Ruhe vor dem Sturm.

Bis zu acht Meter Wellenhöhe

Der ARC-Tracker am Tag nach der Kurskorrektur. Die Yachten fahren einen weiten Bogen um das Tief
Einen Tag nach Kurskorrektur ist erkennbar, was für einen weiten Bogen um das Tief die Yachten schlagen © Wetterwelt

Trotzdem am Ende schneller im Ziel

WetterWelt GRIB-Daten der Biskaya zeigen das Tief 2 Tage nach dem Anruf deutlich intensiviert
Zwei Tage nach der Kurskorrektur ist der Sturm noch stärker geworden © Wetterwelt

Am Ende sind die von mir gerouteten Boote teils sogar schneller als diejenigen, die in A Coruña in den Hafen gegangen waren. Denn die hängen dort aufgrund des Tiefs lange fest und erreichen trotz der Umwege der anderen – und langsameren – Yachten zum Teil erst später den Zielhafen.

Das Weltwetter im direkten Zugriff

Ruhe vor dem Sturm: Eine Segelyacht vor heraufziehendem Schlechtwetter
Ruhe vor dem Sturm: eine Segelyacht vor heraufziehendem Schlechtwetter © Noah-Silliman
Wir hatten ausreichend Zeit, alle relevanten Daten in Ruhe mit dem Skipper zu besprechen – eigentlich der Job des Veranstalters der ARC. Bei uns befand sich dieses Sturmtief mit seiner Entwicklung schon drei Tage zuvor unter besonderer Beobachtung – aufgrund unserer Arbeit mit anderen Seglern und den Berufsschiffen.

Keine frühzeitige Warnung

3 Kommentare

Antje K. /

Sie haben einen tollen Job gemacht! Traurig und absolut nicht nachvollziehbar ist, warum sich der Skipper nicht einmal bedankt. Wenn man bedenkt was ihm und den anderen Yachten durch ihre Hilfe erspart geblieben ist. Ich hoffe Sie verlieren dadurch nicht die Lust anderen selbstlos zu helfen.
Ich sage stellvertretend HERZLICHEN DANK!

Antwort
Georg Löhr /

Im März1997, auf meiner Atlantiküberquerung auf der Strecke Bermuda – Horta Azoren, hatte ich auch auf der letzten 2/3 der Strecke Orkanartige Stürme aus NW Richtung. Dir Anzeige ging teilweise bis zum Anschlag 99 Kn. Wind. Es war sehr anstrengend……

Antwort
Hamdi El Manchi /

99 Kn Wind? wie muss man sich das vorstellen, das haben noch keine 3%an Skipper erlebt.schöne Grüsse

Antwort

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