Am letzten Sonntag hatte es auch Jean-Luc Van den Heede erwischt. Der 73-jährige Favorit des Golden Globe Race 2018 erlitt mit seinem Elfmeterboot eine Havarie auf offener See. Die Befestigung seines Masts hatte dabei gelitten. Schnell schien klar: Nur ein Nothalt zur Reparatur an der nächsten Küste in Chile würde helfen. Damit wäre der französische Solosegler, der bisher mit 2.000 Seemeilen souverän führte, aus dem Rennen gewesen. Gestern dann die überraschende Mitteilung: Es geht doch weiter für den Favoriten.
Kurs auf Kap Hoorn
Jean-Luc Van Den Heede bleibt trotz des Malheurs im Rennen beim Golden Globe Race 2018. Seine Entscheidung, Chile nicht anzulaufen, ist auf dem offenen Meer nach einem strengen Blick auf den Mast gefallen. Jean-Luc hatte Race-Gründer Don McIntyre mitgeteilt, er wolle mit seinem angeschlagenen 36-Fuß-Boot bis zum Ende der Regatta weitersegeln.
Er will nun Kurs nehmen auf das seglerisch anspruchsvolle Kap Hoorn. Sei erst einmal der Atlantische Ozean erreicht, sagte der Segler, werde alles einfacher. Notfalls werde er sein Notrigg nutzen, falls der Mast seinen Dienst versagt. In einem mitgeschnittenen Funkspruch erklärt der Weltumsegler seine Entscheidung.
„Ich hatte viel Zeit, über meine Situation während dieser vier Tage der Flucht vor dem Sturm nachzudenken“, sagte Van den Heede. Er hatte 220 Meilen Richtung Norden nach der Havarie verloren. „Mein Mast ist jetzt durch mein Kentern extrem prekär. Wenn ich stoppe, um eine Reparatur durchzuführen, wird es nur vorübergehend gut sein. Damit die Matmut weitersegeln kann, brauche ich früher oder später einen neuen Mast.“

So war die Entscheidung klar: „Also habe ich beschlossen, meinen Weg nonstop fortzusetzen und nach Les Sables-d’Olonne zu segeln.“ Sobald Wind und Wellen es zulassen, werde er die Notreparatur angehen. „Ich werde in den Mast steigen, um ihn so gut wie möglich mit dem, was ich an Bord habe, zu sichern. Wenn mein Boot entmastet wird, habe ich wie alle meine Konkurrenten ein Notrigg, das es mir ermöglicht, einen Hafen aus eigener Kraft zu erreichen.“
Van den Heede weiß, dass das Rennen nun unter anderen Bedingungen weitergeht. „Ich bin nicht mehr im Rennmodus, sondern im Safe Mode. Es ist nicht das erste Mal, dass ich versuche, ein beschädigtes Boot nach Hause zu bringen.“ Und er fügt in einem gestrigen Funkspruch hinzu: „Wenn ich durch ein Wunder nach Les Sables-d’Olonne komme, ist mir die Rangliste egal.“
11-Meter-Wellen für den Favoriten
Am 5. November um 15:00 Uhr (UTC+5) hatte sich Jean-Luc Van den Heede (VDH) beim Golden-Globe-Race-Gründer Don McIntyre gemeldet. Der Franzose teilte mit, dass der Mast seines nur 36 Fuß langen Boots in einem heftigen Sturm nach einem Knockdown beschädigt worden sei. Der Mast der Rustler 36 Matmut selbst war zwar nicht bruchgefährdet, aber die Wanten waren nicht mehr sicher gespannt. Van den Heede befand sich zur Zeit des Anrufs noch im Sturm im immer heftig umtosten südlichen Ozean. Der Segler hatte mit elf Meter hohen Meeren und 65 Knoten Wind zu kämpfen.
Bis dahin hatte der französische Solosegler mit seinem Elfmeterboot etwa 2.000 Seemeilen vor seinen Mitseglern gelegen. In den vergangenen Wochen waren bei der umstrittenen Weltumseglung durch zahlreiche gefährliche Havarien mehrere Segler ausgeschieden und unter dramatischen Umständen abgeborgen worden, wobei sogar eine Segelyacht unterging.

Ohne Segel unterwegs in Lee
Der 73-jährige Profisegler aus Les Sables-d’Olonne lief zunächst ohne Segel in Lee, bis sich die meteorologischen Bedingungen in der Southern Sea verbesserten. Nach der ersten Reparatur wollte der Solosegler Valparaiso in Chile ansteuern.

Jean-Luc wurde bei dem Knockdown, der sein Boot um 150 Grad krängte, nicht verletzt. Van den Heede ist mit Abstand der erfahrenste Segler in diesem Rennen. Er begann seine Segelkarriere mit 17 Jahren, hält den Rekord nonstop einhand in Gegenrichtung, wurde Zweiter beim BOC Challenge 1986 und nahm zweimal an der Vendée Globe teil: 1990 wurde er Dritter und 1993 Zweiter. Mit fünf Weltumseglungen fuhr er in diesem Rennen allen anderen souverän davon und umschiffte gekonnt die heftigen Stürme, die andere Teilnehmer in schwere Seenot brachten.