Die komplizierten Wetterverhältnisse der ersten Woche und die vielfachen Frontsysteme machten alle Hoffnungen zunichte, dass der 9-Tage 7-Stunden- und 02-Minuten-Passagenrekord der Vendée Globe zwischen Les Sables d’Olonne und dem Äquator gebrochen werden könnte. Aber Alex Thomson, der das Feld seit Tagen anführt, hat den Äquator bereits überquert und spricht über die Wettersituation der letzten Tage. Merkwürdig ihn in seinem verschlossenen Cockpit zu sehen.
In Kürze wird auch Boris Herrmann, der sich stabil auf dem 7. Platz hält – immer Seite an Seite mit Sam Davies – in der südlichen Hemnisphäre angekommen.
Vor den Vendée Globe Seglern und Seglerinnen liegen jetzt die Doldrums, die Zone nahe des Äquators, die eher schwache oder sehr wechselnde Winde verspricht. Allerdings sind die Doldrums aktuell gar nicht so stark ausgeprägt wie eigentlich üblich.

Das hat verschiedene Gründe. Einer ist, dass die Innertropische Konvergenzzone (die Zone in den Tropen, wo der Nordostpassat mit dem Südostpassat zusammenläuft) noch etwas weiter nach Norden orientiert ist. Deshalb greifen auch die Südostpassate im Moment über den Äquator. Eine anderer Grund könnte auch die zurzeit abgeschwächte Gewittertätigkeit über Afrika sein, die als Ursache für erhöhte Tropical Waves Tätigkeit (Wellenstörungen in der östlichen Windströmung) im Verdacht steht. So oder so kann ich sagen, dass die Segler großes Glück haben, dass sie durch dieses Feld so gut durchkommen.

Bis jetzt. Denn die Wettermodelle zeigen für die kommenden Tagen eine Ausweitung des afrikanischen Dreiecks und damit einer Zone mit schwächeren Winden. Auch das wird wieder von Vorteil für die Foiler unter den Teilnehmer*innen sein. Die segeln aktuell einen kleinen Bogen nach Westen, um den Südost-Passat besser nutzen zu können. Außerdem können sie hier den Südäquatorialstrom, der von Ost nach West strömt, ein bisschen mitnehmen. Der spaltet sich anschließend in den Karibikstrom und den Brasilstrom auf.
St. Helena Hoch mit etwas Tief
Auch wenn der Brasilstrom nicht ganz so stark ist, können die Boote hier noch einmal im richtigen Abschnitt eines „Eddies“ (Wirbel) ein bisschen Speed herausholen. Danach geht es weiter unter der Küste Brasiliens in den Einflussbereich des St. Helena Hochs. Das ist oft eine sichere Bank, ähnlich wie das Azorenhoch. Doch sorgten auch hier zeitweilige Störungen für eine Deformierung des Hochs.

Das eigentlich kreisrunde St. Helena Hoch würde normalerweise am Rande für kontinuerliche Winde sorgen, aber wir sehen in den nächsten 4 bis 5 Tagen ein Tiefdruckgebiet an seiner Westflanke, das das damit gehörig stört. Das Tief scheint dabei auch als sogenannter Kaltlufttropfen recht stabil vor Ort liegen bleiben zu wollen.
Es wird sehr spannend, wo sich kleine Schlupflöcher auftun, um in den berühmt-berüchtigten Westwindbereich des Southern Oceans zu kommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Segler bei diesen unsteten Wind-Aussichten womöglich noch weiter an der Brasilianischen Küste entlang fahren. Wir werden es sehen.