Es ist ein kleiner Weltuntergang: Auf TV-Bildern Ende Januar sah ein schockiertes Publikum, wie Riesenwellen idyllische Küstenorte auf Mallorca verschlangen.
Das entfesselte Element richtete immense Schäden an: In Cala Ratjada an der Ostspitze der Baleareninsel zum Beispiel brachen die Wassermassen ein Stück der Hafenmole auf, so dass zahllose Schiffe im Hafen beschädigt wurden. Was machte den Wintersturm auf dem Mittelmeer so stark?
13 Menschenleben forderte der schwerste Wintersturm seit mindestens 17 Jahren in diesem Bereich des Mittelmeers. Die Ursache war Gloria (wie es von den spanischen Meteorologen getauft wurde) – ein Tiefdruckgebiet, das wütete wie lange keines mehr.
Der schwerste Sturm seit 17 Jahren
Das Unwetter suchte zwischen dem 19. und 23. Januar aber nicht nur die Balearen heim. Auch entlang der spanischen Costa Blanca um Alicante über die Costa del Azahar bis hoch zur Costa Daurada vor Barcelona kam es zu gewaltigen Zerstörungen. „Ein nicht unerhebliches Schadenereignis“, wie Elke Spinneker von der Hamburger Yacht-Versicherung Schomaker sagt.
Die Gefahr entstand im Norden: In den Tagen zuvor hatte sich „Gloria“ von dort auf den Weg gemacht: Von der Biskaya war das Tief quer über das spanische Festland südwärts gezogen – und blieb dann auf Höhe der Balearen stehen.
Gegenspieler über Großbritannien
Denn über Großbritannien und Frankreich machte sich sein Gegenspieler breit: ein Hochdruckgebiet mit einer Stärke von 1050 hPa, das mit seinem Druckwert nur knapp unterhalb des Allzeitrekords lag.
Mit diesem mächtigen Gegenspieler konnte das Tief an Stärke zunehmen – die Folge war ein kräftiger Nordostwind als Ausgleichsströmung zwischen den beiden Luftdruckzonen.
Da sich die Lage des Tiefs nur wenig änderte, bekamen diese spanischen Küstenregionen nebst den Balearen-Inseln ab Sonntag, 19. Januar, für mehrere Tage Wind und Welle aus der gleichen Richtung in einer massiven Stärke ab.
Verhalten schwer prognostizierbar
Diese Art von Tief vergleiche ich im Verhalten gern mit einem Öltropfen auf der Wasseroberfläche Wasser, in den man nun mit mäßiger Kraft hineinpustet. Man weiß nie genau, wie sich der Tropfen verhält und wohin er genau schwimmt. So ist es mit einem solchen Tief auch.
Tatsächlich lässt sich mit den verfügbaren Wettermodellen in der Regel nur einen Tag im Voraus exakt prognostizieren, was in den nächsten 24 Stunden mit dem Tief passieren wird.
Ob das Tief also abzieht oder weiter vor Ort liegen bleibt, ist also kaum vorhersagbar. In diesem Falle ist es liegen geblieben. Gerade bei der beschriebenen Konstellation war der Fetch (Einwirklänge) vergleichsweise groß.
Von der Cote d’Azur bis vor die spanische Küste hatte der Wind Platz, auf das Wasser einzuwirken und damit die signifikante Wellenhöhe auf ein Niveau von bis zu zehn Meter zu steigern.
14 Meter hohe Wellen vor Mallorca
Von spanischen Messbojen bei den Balearen wissen wir, dass sogar bis über 14 Meter Wellenhöhen gemessen wurden! Das klingt erst wie Seemannsgarn, ist aber leicht erklärbar: Diese 14 Meter entsprechen ungefähr dem 1,5-fachen der signifikanten Wellenhöhe. Damit wäre also bereits vom Grundsatz her zu rechnen. Rein physikalisch ist sogar eine Verdoppelung der signifikanten Wellenhöhe möglich, wenn auch äußerst selten.
Der Einfluss der Windrichtung macht das Phänomen noch einleuchtender: Da der Sturm zeitweise auf Ost drehte, ist davon auszugehen, dass die Inseln als Hindernis zu Ablenkungen der Wellenrichtungen führten.
Je länger es weht, desto höher die Wellen
Das wiederum dürfte Überlagerungen und damit sogenannte Interferenzen bewirkt haben. Wellenberge hoben sich teils auf, teils addierten sie sich auch und so kann es zu den enormen Wellenhöhen gekommen sein.
14 Meter sind allerdings nur bei bestimmten Wettersituationen wie eben diesem möglich und keinesfalls der Normalzustand. Neben dem bereits erwähnten Fetch kam bei der signifikanten Wellenhöhe von bis zu 10 Meter, die ebenfalls nicht dem Normalfall entspricht, zusätzlich die lange Einwirkzeit hinzu.
Das festliegende Tief konnte sich mit seinen Windstärken über einen längeren Zeitraum von mehr als zwei Tagen über ein- und derselben Meeresregion austoben. Je größer also das Seegebiet und je länger die Zeitspanne, die der Wind darauf einwirken kann, desto höher werden die Wellen aufgepeitscht.
Maximum nach 48 Stunden
Das geht allerdings – zum Glück – nicht unbegrenzt weiter: Nach spätestens 48 Stunden erreicht das Wind-Wellen-System ein Plateau, das es hält, ohne weiter zu wachsen. Ein Sturm kann sich also, zumindest auf der Erde, nicht unendlich groß aufbauen.
Um bei unserem Balearensturm noch höhere Wellen zu erzeugen, hätte in das System noch mehr Wind gegeben werden müssen. Da sich das Tief aber zur Wochenmitte hin langsam auflöste und die Druckgegensätze sich abbauten, wurde die Lage langsam wieder freundlicher.
Es war somit eine kurze, heftige und für diese Region sehr ungewöhnliche Wetterlage, die für entsprechend viele Schäden sorgte.
Heftige Wetterlagen häufen sich
Jedoch reiht sich die Lage nahtlos ein in die vielen Beobachtungen, die wir schon länger sehen können, dass sich häufiger ungewöhnliche und vor allem auch sehr stark ausgeprägt Wetterlage bilden, die für teils sehr große Schäden sorgen. Diese Sturmneigung betrifft uns, teils mit Hochwasser an den deutschen Küsten.
Heftige Wetterlagen zeigen auch die spektakulär hohen Niederschlagsmengen, die im Zusammenhang mit diesem Tief im Bereich zwischen Barcelona und Frankreich gemessen wurden. In nur vier Tagen gingen lokal teils über 500 Liter pro Quadratmeter nieder. Das sind fast die Mengen, die wir in einem gesamten Jahr in Frankfurt am Main messen können.
Versicherer empfehlen Zusatzschutz
Auch die Yachtversicherer ziehen ihre Schlüsse aus Ereignissen wie diesem: „Wir beobachten, dass lokale Schwerwetterereignisse zunehmen – und dies durchaus nicht nur im Mittelmeer oder in der Karibik. Wir gehen davon aus, dass der Klimawandel diese sehr lokal begrenzten, häufig sehr starkem Wettereignisse begünstigt“, sagt Elke Spinneker von Schomacker. Outdoor-Sportarten wie der Wassersport seien dann zwangsläufig davon betroffen.
Was also tun, wenn es stürmt? Schomacker empfiehlt Eignern, ihr Schiff nicht nur mit einer Haftpflicht-Versicherung, sondern eben auch mit einer guten und umfassenden Allgefahrendeckung zu schützen. Das beantwortet auch die Frage, wer zahlt, wenn es stürmt und kracht. „Achten Sie dabei unbedingt auf die Absicherung des richtigen Fahrtgebietes“, sagt Spinneker. Diese Yachtkaskoversicherung decke die Schäden am eigenen Schiff – und eben auch die Sturmschäden und, falls nötig, die Bergung der Yacht.