Nachhaltige Verkehrsführung soll die Wasserwege mit einschließen, idealerweise mit umweltfreundlichen Antrieben. Bisher ist davon wenig zu sehen, abgesehen von einsamen Leuchtturm-Projekten wie dem Brennstoffzellen-Schubschiff Elektra.
Der Logistikkonzern DHL probiert diesen Ansatz in Berlin ebenfalls aus. Seit Oktober 2022 surrt leise ein Postboot mit Paketen für einige Innenstadtbezirke über die Spree. Das umgebaute Ausflugsschiff ist 10,50 Meter lang und fährt mit Elektroantrieb. Eine Reihe Photovoltaik-Paneele auf dem Dach weist es als „Solarschiff“ aus.
Bedenkt man, dass DHL in Berlin täglich 250.000 Pakete zugestellt werden, ist das gelbe Bötchen mit seinen täglich 350 Sendungszustellungen ein netter Versuch. Doch allen, die dahinter ein veritables Greenwashing-Projekt argwöhnten, nimmt die aktuelle Entwicklung den Wind aus den Segeln. Denn DHL hat soeben angekündigt, das Solarschiff-Projekt auszuweiten.
Der Konzern will eigens eine zweite Route für Paketbeförderung auf der Spree einrichten. Und dafür bekommt der Zehn-Meter-Kahn Gesellschaft. Ein neues Postschiff soll ihn ergänzen. Wie sein kleiner Vorgänger soll auch der zweite Paketfrachter aus zweiter Hand beschafft und umgerüstet werden. Zugleich ist die Dauer des Projekts um fünf Jahre verlängert worden.
Das Postschiff soll etwa 40 Meter lang sein
Mit dem Neuzugang wird das Paketschiff-Projekt erwachsen: Das Schiff ist wirklich ein Schiff, es soll etwa 40 Meter lang sein und bis zu 60 Tonnen Ladekapazität haben. Betreiben soll es die Berliner Reederei Solarwaterworld, die selbst mehrere Fahrgastschiffe mit Sonnenenergie unterhält. Louise Ahrens von Solarwaterworld erzählt, auf welch märchenhafte Weise es dazu kam: „Vor einigen Jahren fuhr das DHL-Management auf einem Chartertörn mit unserer Solon.“

Ahrens war mit an Bord des solarbetriebenen Katamarans und bediente die Fahrgäste – auf einem Schiff muss jeder fast alles können. Ein Firmenevent auf dem Wasser, wie Solarwaterworld viele ausrichtet. Da nahm sie eine lebhafte Diskussion unter den Logistikern wahr: Wie kriegt man die Pakete von der Straße? Die Gäste hätten über Straßenbahn-Verladung und ähnliches diskutiert.
„Irgendwann habe ich es tatsächlich nicht mehr ausgehalten“, erzählt Ahrens lächelnd. Sie mischte sich in den Schlagabtausch ein: Wie wäre es denn, wenn man den Transport aufs Wasser verlagerte?