Wenn man auf der Kieler Förde den Friedrichsorter Leuchtturm passiert hat, zieht sich rechter Hand die Küste in großzügigem Schwung bis zur Kanalmündung zurück. Hier, zwischen Holtenau und Friedrichsort, wo im Windschatten der Stadtentwicklung auch die Schwentineflotte e.V. residiert, hatte bis 2016 der British Kiel Yacht Club seinen Sitz. Jetzt ist die Entscheidung über das Filetstück am Ufer der Förde gefallen.
Die Stadt Kiel hatte das Gelände vor einigen Jahren übernommen mit der Absicht, es bürgernah umwandeln zu lassen. Ein Segelquartier mit musealem Bereich und Lern- und Erlebnisangeboten fürs breite Publikum wurde gewünscht. Seit 2020 sind Gebäude und Steganlage öffentlich ausgeschrieben. Wäre das nicht der ideale Ort für den Freundeskreis Klassische Yachten?
Klassiker-Freunde warten auf neue Bleibe titelte float schon im November 2017 über die lang gehegten Pläne des rührigen Vereins, eine dauerhafte Bleibe in der Segelhauptstadt Kiel zu beziehen. Doch es sollte anders kommen. Denn seit letztem Freitag ist klar, wer in die ehemaligen Gebäude des britischen Segelvereins einziehen wird.
Kiel bestellt die Abrissbirne
Die Ratsversammlung hat in ihrer langen Abendsitzung am Freitag vorm vierten Advent entschieden: Die Bewahrer maritimer Kultur vom FKY werden das Gelände nicht bespielen. Durchgesetzt unter den vier Bewerbern hat sich das Konzept „Open City Bay“, obwohl es den Aspekt „museale Nutzung“ weniger stark berücksichtigt als der FKY.

Der 1.700 Mitglieder starke FKY wollte einen musealen Bildungs- und Handwerker-Standort zum Thema Segelsport und Holzbootsbau verwirklichen. Schulen und Vereine aus Holtenau und Friedrichsort sollten mit eingebunden werden, eine gläserne Werft für traditionellen Bootsbau mit allerlei Projekten der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung entstehen. Eine öffentliche Parklandschaft am Wasser drumrum sollte das bisher recht trostlose Gelände aufwerten.
Nach dem Willen der Stadt Kiel müssen zwei der Gebäude auf dem Gelände weg. Entsprechend war die Ausschreibung formuliert. Der Freundeskreis hat damit – rein formal – die Ausschreibungsbedingungen nicht erfüllt. Sind die Schiffer also selbst schuld?
Klassiker-Freunde wurden ausgeschlossen
Wie das Verfahren durchgeführt wurde, lässt aufhorchen. Denn zu einem inhaltlichen Vergleich der vier eingereichten Konzepte kam es nicht, so der langjährige FKY-Sprecher Wilfried Horns. „Unser Vorschlag wurde von der Jury aus dem Verfahren ausgeschlossen, da es nicht den gewünschten Abriss des alten Kantinengebäudes und des Bürogebäudes zugunsten eines Neubaus berücksichtigt hätte.“
Diese Abrisse können, so die Sicht der Klassiker-Freunde, allerdings kein Selbstzweck oder gar Ausschlussgrund sein. In der Auslobung werde lediglich eine öffentliche Uferpromenade als zwingend dargestellt, was im FKY-Konzept auch „mit hoher ortsprägender Qualität berücksichtigt“ ist.
FKY spielt die Ökokarte

Es sei widersprüchlich, erkärt Horns, dass Kiel als Träger des deutschen Nachhaltigkeitspreises 2021 für Großstädte sich bei eigenen Grundstücksausschreibungen nicht an diese Maßgaben halte und den „innovativen Vorschlag zum Klimaschutz nicht in die Bewertung einbezieht, sondern sogar als formalen Ausschlussgrund betrachtet“.
Statik mangelhaft
Bei der Stadt Kiel sieht man das anders. „Ein Großteil des Gebäudes ist statisch mangelhaft. Das Obergeschoss ist kaum nutzbar“, sagt Bastian Lipinski, Leiter des Sachbereichs Gesamtstädtische Planung der Stadt Kiel, auf Nachfrage von float. „Um diese Fläche besser nutzbar zu machen, sollte ein Neubau möglich sein, auch um die Uferpromenade dem allgemeinen Publikum zuzuschlagen. Daraus ergibt sich, dass diese Gebäude zurückgebaut werden müssen. Das ist die Grundlage des ganzen Vergabeprozesses.“

Bei einer Sitzung des Ortsbeirats Pries/Friedrichsort im Oktober merkte ein Teilnehmender an, dass „beide Konzepte Open City Bay und Open Harbour in verschiedenen Bereichen Schwächen haben“. Über den Antrag, über das Vergabeverfahren erst sechs Monate später zu entscheiden, stimmte der Ortsbeirat nichtöffentlich ab. Der Rat der Stadt Kiel ignorierte diesen Vorschlag. Am Freitag folgte man der Empfehlung der personell breit aufgestellten Auswahlkommission aus Bauexperten aller Parteien.
Doch ist das Verfahren nicht vollständig abgeschlossen. In einem halben Jahr wird die Kommission noch einmal prüfen ob alle Vorgaben der „Anhandgabe“ erfüllt sind, sprich: Steht auch die Finanzierung? Wenn das nicht funktioniere, hätten die Klassikerfreunde theoretisch noch eine Chance auf das Pachtgrundstück.
Ein Kommentar
Liebe Float Redaktion,
Warum lasst Ihr journalistische Neutralität so schleifen und berichtet dieses Thema parteiergreifend?
Mit fehlt hier doch die Beleuchtung aller Konzepte, die sich beworben haben sowie eine neutralere Recherche zum Vergabeprozess der Stadt Kiel.
Man bekommt fast den Eindruck, dass sich Float vor den Karren eines schlechten Verlierers spannen lassen würde. Läßt sich da eventuell aus dem Augenwinkel der Versuch einer Beeinflussungskampagne der Klassiker wahrnehmen?
Wie steht Ihr dazu?
Jens