Handeln, aber bitte mit System
Aber mit System: „Es geht uns nicht um Konfrontation. Natürlich gönne ich den Leuten ihren Spaß, aber bitte mit Grenzen!“ Die Grenzen regelt das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin. Demnach müssen beim Betreiben von Wasserfahrzeugen vermeidbare (Schall-) Emmissionen verhindert werden.
Unvermeidbare Immissionen sollten auf ein Mindestmaß beschränkt werden. „Die Grenzen sind immer dort zu ziehen, wo ausschließlich verhaltensbedingter Lärm vermeidbar ist“, erklärt eine Sprecherin der Polizei gegenüber float. Damit scheinen die Regeln eigentlich klar.
Beschwerdeführerin Martis will sich nicht darauf beschränken, mit Gleichgesinnten „am Stammtisch vor uns hinzuschimpfen“, sondern wirklich etwas bewegen. Durch Arbeitsgruppen, Lobbyarbeit, Einflussnahme auf Politik und Gesetzgebung. Martis ist seit Jahrzehnten ehrenamtlich tätig, unter anderem bei Amnesty International. Professionalisiert wurden ihre Erfahrungen als langjährige Assistentin der Abteilungsleitung Öffentlichkeitsarbeit in der Organisation „Brot für die Welt“. Martis weiß also, wie so etwas aufgezogen werden muss.

Kurz danach rief sie IGeL ins Leben – die Initiative Gewässer-Lärmschutz. Nach eigener Aussage ein „offener Zusammenschluss von Wassersporttreibenden und Anwohnern der Unterhavel, die sich gegen den zunehmenden Lärm am und auf dem Wasser wehren“. Wobei Martis das Wirken von IGeL nicht auf Berliner Gewässer beschränkt sehen will.
Sie kann sich vorstellen, dass auch andernorts Betroffene sich mit ihrer Gruppe vernetzen wollen, zumal einige gesetzliche Bestimmungen länderübergreifend gelten. Kontakt zu Berliner Initiativen, zum Beispiel „Stralau gegen Lärm“ in Ostberlin, ist bereits geschlossen.
„Und wir sind im regelmäßigen Austausch mit der Wasserschutzpolizei, dort mussten wir keine Überzeugungsarbeit leisten.“ Im Gegenteil, man nähme ihr Anliegen „sehr ernst“. Wie will IGeL nun seine Stacheln zeigen? Eine Idee ist es zum Beispiel, mit den Charterunternehmen Kontakt aufzunehmen oder am Strand Flyer verteilen.“
Polizei registriert mehr Beschwerden
Tatsächlich wird amtlich bestätigt, dass auf dem Wasser mehr los ist als früher: „Die Polizei Berlin konnte feststellen, dass sich seit 2019 erkennbar coronabedingt mehr Menschen auf den Berliner Gewässern aufhalten“, teilt die Behörde auf Anfrage von float mit. Da Reisen eingeschränkt und Clubs geschlossen waren, sei die Miete von Hausbooten sprunghaft angestiegen.

„Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Wasserflächen mehr und mehr auch als Eventflächen genutzt werden.“ Und zwar sowohl zur Erholung als auch zum Sport und für Feiern. Eine Polizeisprecherin zu float: „Das Beschwerdeaufkommen ist in den vergangenen Jahren angestiegen.“ Die Polizei sei regelmäßig unterwegs, um Anzeigen wegen Lärm aufzunehmen.
Sie landen dann oft bei Achim Diesing, Geschäftsführer von Bootsverleih Berlin. Die Plattform wurde 2010 gegründet und vermittelt aktuell 116 Boote in der Hauptstadt gegen Provision an Mieter. „Das Problem mit dem Lärm gab es schon immer“, sagt Diesing gegenüber float. Er glaubt, dass die Menschen durch Corona empfindlicher und weniger kompromissbereit geworden seien, so komme es zu mehr Beschwerden. „Wir erhalten auch richtige Hassmails deswegen.“
2 Kommentare
Herr Diesing, „nur“ 250 Watt !?!! Und das auf dem Wasser ?!??
Schall wird durch das Wasser um ein Mehrfaches verstärkt. Tiefe Töne/Bässe werden weitergetragen als hohe Töne.
Über dem Wasser kann sich der Schall weitgehend ungehindert ausbreiten.
Lärmbelästigung auf dem Wasser betrifft daher eine deutlich größere Fläche als an Land.
Die Kehrseite vom Spaß einiger Feiernder am und auf dem Wasser ist also: Gaaaanz viele andere werden genötigt „mitzufeiern“ – weit übers Wasser hinweg, tief ins Land hinein.
Kristjane Martis
IGeL Initiative Gewässer-Lärmschutz
Prima Artikel, danke Herr Wildberg!
Ein paar genannte Aussagen, speziell die jenes „Achim Diesing“, erscheinen mir jedoch „etwas“ zweifelhaft – siehe hier: https://seglerblog.stössenseer.de/wie-viel-party-vertraegt-der-see/
MfG