Allerdings, so haben wir immer wieder gehört, ist Trinidad als Destination wenig reizvoll – schon gar nicht für viele Monate. Wer also keine größeren Arbeiten am Boot zu stemmen hat, der lässt Trinidad eher aus. Und auch Trinidad erfüllt noch nicht die Kriterien der Versicherer. Es liegt, wenn auch sehr knapp, etwas nördlich von 10° Nord.
Blutige Fußspuren
Zurück nach Grenada. Die Chance, dass die Insel von einem Hurrikan verwüstet wird, besteht. Zum letzten Mal passierte das im Jahr 2004, als über 90 Prozent der Gebäude in der Hauptstadt St. George’s durch Hurrikan Ivan beschädigt oder zerstört wurden. 35 Menschen starben. Und auch im Folgejahr fegte ein Hurrikan über die Insel: Emily. Die Schäden blieben, verglichen mit Ivan, im Rahmen. Allerdings wurde ein Großteil der Muskatnussbäume vernichtet, die ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft der Insel sind. Nach Indonesien ist Grenada der zweitgrößte Muskatnuss-Produzent weltweit. Nicht umsonst lautet der Beiname der Insel „Spice Island“, die Gewürzinsel.

Grenada hat eine bewegte Geschichte. Seit der Entdeckung durch Kolumbus im Jahr 1498 haben Spanier, Franzosen und Briten ihre – blutigen – Fußspuren hinterlassen. Die heutige Gesellschaft hat ihre Wurzeln, wie auf allen karibischen Inseln, in Afrika. Es sind die Nachkommen der Sklaven. Offizieller Feiertag ist daher auch der „Tag der Sklavenbefreiung“ und selbst im 14-tägigen Karneval, der auf Grenada im August bunt gefeiert wird, ist die Befreiung von der Sklaverei im Jahr 1834 Thema.
Grenada, einst eine britische Kronkolonie, wurde 1974 selbständig. 1982 kam es zu einem blutigen Putsch, in Folge dessen die USA auf der Insel einmarschierten, um „die Demokratie zu sichern“. Vielmehr dürfte die Ambition der Amerikaner jedoch gewesen sein, den starken Einfluss der UdSSR und Kubas zu beschneiden.
Harmonische Koexistenz
Heute leben etwa 110.000 Menschen auf der Insel. Das Miteinander zwischen Seglern und Einheimischen ist ausgesprochen gut. Sei es bei der Fahrt in den kleinen, vollgepackten Mini-Bussen zu stampfenden Karibik-Bässen oder bei dem wöchentlich stattfindenden Hash, einem Querfeldeinlauf durch die wunderbare Landschaft der Insel mit ihren weißen Stränden und grünen Regenwäldern, vorbei an idyllischen Fischerorten oder durch hohe Zuckerrohrfelder.
Jeden Samstag nehmen zahlreiche Segler an dem traditionsreichen Spaß-Lauf (es gibt auch eine Wandergruppe) an immer unterschiedlichen Orten teil, dessen Gründer ein etwas merkwürdiges Statement vertreten: We are an enthusiastic group of “drinkers with a running problem”. Zu deutsch: Wir sind eine enthusiastische Gruppe von Trinkern mit einem Laufproblem.

Und so rennen jedes Wochenende 200 bis 400 Läufer über die Insel, Einheimische wie Touristen, um anschließend gemeinsam zu feiern. Neulinge werden standesgemäß mit einer Bierdusche getauft. Auch auf dem Wasser gibt es viele Aktivitäten für die Segler. Ein kleiner Segelverein organisiert eine Dinghy-Schnitzeljagd oder die zweitätige Regatta rund Grenada. Die Einnahmen kommen der Segeljugend zugute.
Insel-Tingeln
Regiert wird Grenada von dem jungen, hemdsärmeligen Ministerpräsidenten Dickon Mitchell, der sich auch mal bei den Seglern blicken lässt. Im Vergleich zu den anderen karibischen Inseln gilt Grenada als sicher. Auch das Auswärtige Amt stuft die Gewaltkriminalität als „selten“ ein. Gewaltsame Überfälle auf vor Anker liegende Segler, wie von den nördlicheren Inseln St.Lucia oder St. Vincent bekannt, gab es schon lange nicht mehr.
Die Hurrikansaison 2023 ist bislang für die Karibikinseln glimpflich verlaufen. Aber die schlimmsten Tage stehen auch noch bevor. Nur der Tropensturm Bret fegte bei Martinique über die Kleinen Antillen. Und das bereits im Juni. Auf Grenada bekamen wir davon nur die Ausläufer mit. Kurzzeitige Böen bis 50 Knoten und sehr viel Regen.

Im August segelten wir sogar noch einmal kurz zurück nach Martinique und tingelten auf dem Rückweg durch die Grenadinen, schnorchelten auf den Tobago Cays mit Meeresschildkröten und Rochen. Ohne Probleme. Hurrikansaison hört sich gewaltig an. Aber bis auf wenige Tage ist der Wind herrlich. Immer noch sind etliche Boote unterwegs und genießen die Karibik jenseits der Hauptsaison.
Langweilig wird es nie
Allerdings sollte man immer ein wachsames Auge auf die Hurrikanprognosen haben (zum Beispiel über das US-Hurrikancenter), die sehr zuverlässig sind. Das Gute an den Hurrikans ist, dass sie bereits Tage vor dem Eintreffen in der Karibik zu identifizieren sind. Zeit genug, um ein sicheres Hurrikan-Hole anzusteuern, oder aber das Gebiet weiträumig zu verlassen.

Auch in den Ankerbuchten auf Grenada gehört der tägliche Blick auf das Wettergeschehen zur morgendlichen Routine, ist Thema in den Strandbars und beim wöchentlichen Bingo, das eine Art Volkssport auf Grenada ist. Neben Geldpreisen gibt es auch lebende Schweine, Schafe und Ziegen zu gewinnen – und der Gewinner muss erst einmal tanzen, ehe er den Preis erhält.
Man kann sagen, es ist nicht verwunderlich, dass einige Segler auf Grenada hängenbleiben. Langweilig wird es nie. Aber wir wollen weiter. Richtung Süden. Erst einmal nach Trinidad und Tobago. Dann nach Kolumbien. So der Wind es will. Draußen auf dem Atlantik braut sich der nächste Hurrikan zusammen. Aber er soll an der Karibik vorbeiziehen. Wir hoffen, dass auch diesmal die Prognosen Recht behalten.