America’s Cup steht im Schatten des Vesuvs
Wie geht es weiter mit dem America’s Cup? Diese Frage stand lange im Raum. Nach zuletzt schlechten Meldungen können die Verantwortlichen nun zumindest den Austragungsort für den 38. America’s Cup vermelden: In Neapel soll das Event steigen. Als Zeitpunkt für das Rennen sind das Frühjahr und der Sommer 2027 angepeilt.
Zum ersten Mal werden damit die Herausforderer-Runde für den America’s Cup, der Louis-Vuitton-Cup, und der Showdown des Titelverteidigers gegen den Sieger der Vorrunde in Italien ausgetragen. Möglich wurde das durch den Einsatz der italienischen Regierung. Die Administration hat sich mit dem Team New Zealand und dem Royal New Zealand Yacht Squadron auf die Stadt unter dem Vesuv als Austragungsort geeinigt.
Der Kampf um den America’s Cup findet damit im Schatten eins Vulkans statt – und direkt an der Wasserkante der Regionalhauptstadt von Kampanien. Die 2027er-Kampagne wird der bisherige Höhepunkt der langen America’s-Cup-Geschichte der Italiener. Die Nation stand 1992 erstmals im Finale, konnte bisher den Cup aber nie gewinnen.

Der America’s Cup entfacht bei den Italienern seit über drei Jahrzehnten ein Feuer der Begeisterung. Industrielle werfen ein Vermögen in die Kampagnen. Allen voran geht der CEO des Modekonzerns Prada, Patrizio Bertelli. Hunderte Millionen Euro hat der Milliardär, dessen Vermögen laut Forbes auf 5,7 Milliarden Euro geschätzt wird, bereits in das AC-Engagement gesteckt. Nur Tee-Baron Lipton war mit seinen Kampagnen hartnäckiger.
Italien setzt auf Schub für die Wirtschaft
Nun hat der Patriarch des Teams Luna Rossa zumindest den Austragungsort des Cups vor der eigenen Haustür – wenn auch nicht als Sieger, der traditionell über den Ort der Entscheidung befindet.
Die erfolgreichen Neuseeländer waren nach der Absage ihrer eigenen Regierung für eine Austragung in Auckland wie schon für 2024 auf der Suche nach einem alternativen Standort. Einem Ort, der ein hohes Maß an Medienwirksamkeit verspricht. Barcelona im vergangenen Jahr hatte ein Millionenpublikum vor Ort angezogen und Milliarden an Umsatz generiert. Das dürfte jetzt als gutes Argument für die erneute Suche gewirkt haben.
Der frühere Sportmanager Andrea Abodi, heute parteiloser italienischer Minister für Sport und Jugend, spielte eine Schlüsselrolle im Bewerbungsverfahren. Unterstützt wurde er von seiner Chefin, der rechtsextremen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
„Die Wahl Neapels als Austragungsort des 38. America’s Cup bietet dem gesamten Land eine enorme Chance, die Region aufzuwerten, den Tourismus anzukurbeln und den Sport zu fördern“, sagte Abodi. „Wir werden uns auch dafür einsetzen, Initiativen, Projekte und Maßnahmen im Bereich der Meeresbildung und der Wirtschaft zu fördern.“ In einer seiner früheren Funktionen war Abodi Chef diverser Straßenbaufirmen, die sich um die Infrastruktur der nahen Region Lazio kümmern.
„Das bedeutendste Sportereignis, das Neapel je ausgerichtet hat“
Weiter sagte er: „Die Austragung des America’s Cups in Neapel bietet eine strategische Gelegenheit, das Umweltsanierungs- und Stadterneuerungsprogramm von Bagnoli, dem Gebiet, in dem der America’s Cup stattfinden wird, zu beschleunigen. Dank des Sports ist Italien wieder einmal der Mittelpunkt der Welt.“ Das Event werde alle Italiener stolz machen und den Rest der Welt in Erstaunen versetzen, so Abodi.
Auf große Effekte für den Austragungsort setzt auch Gaetano Manfredi, der Bürgermeister von Neapel: „Der America’s Cup in Neapel ist ein außergewöhnliches Schaufenster für die Schönheit und Geschichte unserer Region. Wir haben in den letzten Monaten in enger Zusammenarbeit mit der Regierung intensiv an dieser Bewerbung gearbeitet.“
Supervulkan legt Marina trocken
In Süditalien ist innerhalb kurzer Zeit ein Hafen nahezu trockengelegt worden: Aus der Stadt Pozzuoli in der Bucht von Neapel machen Fotos die Runde, die den kleinen Yacht- und Fischerhafen ungewöhnlich wasserarm zeigen. Viele Boote befinden sich bereits in Schräglage, andere dümpeln in größeren Pfützen. Dabei gibt es in diesem Teil des Mittelmeers nahezu keine Gezeiten.
Warum ist der Wasserstand an diesem Küstenstrich so drastisch gesunken? Mit dem Klimawandel hat das Phänomen anscheinend nichts zu tun. Die Behörden erklären den trockengefallenen Hafen mit verstärktem Vulkanismus unter dem Meeresgrund. Vor wenigen Tagen ereignete sich sogar ein Schiffsunglück vor Pozzuoli, das auf dieselbe Einwirkung zurückgeführt wird: Die 70 Meter lange Fähre „Rosa D’Abundo“ der italienischen Reederei Medmar war am 6. März auf dem Weg in den Hafen. In schwerer See hatte die Autofähre unerwartet Grundberührung.

Das Überraschende daran: Die „Rosa D’Abundo“, die Pozzuoli mit den Inseln Procida und Ischia verbindet, befand sich auf Navigationskurs im Fahrwasser. Somit hätte sie trotz ihrer 4,30 Meter Tiefgang keine Probleme haben dürfen. Beim Aufsetzen nahm das 42 Jahre alte Schiff so starken Schaden, dass es manövrierunfähig wurde. Eine andere Fähre nahm den Havaristen in Schlepp und brachte ihn in den sicheren Hafen.
Unter der Region hebt sich der Boden
Anscheinend liegt die Ursache für die beiden Ereignisse tief in der Erde. Unterhalb der Bucht von Pozzuoli befindet sich ein Teil jenes Vulkans, vor dem der Großraum Neapel schon seit längerer Zeit zittert – und zwar im doppelten Wortsinn, denn er äußert sich auch durch Erdbeben. Dieser Vulkan ist erheblich ausgedehnter als der benachbarte Vesuv, dessen berühmteste Eruption das antike römische Pompeji und weitere Nachbarstädte im Jahr 79 nach Christus auslöschte. Daher spricht die Wissenschaft hier von einem „Supervulkan“.

Das Zentrum des riesigen Unruheherdes liegt westlich von Neapel in einer Region, die als Phlegräische Felder (Campi Flegrei, zu deutsch „brennende Felder“) bezeichnet wird – in mehreren Kilometern Tiefe. Dort befindet sich eine riesige Magmakammer. Ob sie sich gerade so stark gefüllt hat, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorsteht, ist in der Wissenschaft Gegenstand von Diskussionen. Jedenfalls beobachteten schon Menschen der Antike hier Vulkanaktivität, zum Beispiel in Form von Schwefeldämpfen, ohne sie damals erklären zu können. Der letzte große Ausbruch liegt mehr als 30.000 Jahre zurück. So viel Zeit ist vergangen, dass der eigentlich riesige Vulkankrater jener Eruption mit einem Durchmesser von 16 Kilometern durch Erosion nicht mehr auf Anhieb sichtbar ist.
Nachdem die Phlegräischen Felder in der Neuzeit relativ ruhig blieben, rumort es seit 2011 heftig: Binnen 20 Jahren hat sich der Boden im Schnitt um mehr als einen Meter gehoben, teilte das italienische Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) kürzlich mit. Und die vulkanischen Gase, die durch den hohen Druck im Inneren des Vulkans an die Erdoberfläche drängen, haben auch den Seeboden vor der Küste angehoben. So sind bisher verlässliche Tiefenangaben in der Bucht von Pozzuoli obsolet geworden.
Yachtversicherung gegen Vulkanismus?
Beruhigend: Auch wenn Vulkanismus gewiss nicht zu den häufigsten Unfallursachen auf See gehört, ist es über die Yachtversicherung gedeckt. „Das ist höhere Gewalt durch Natureinwirkung und läuft damit über die übliche Kasko“, sagt Holger Flindt vom Yachtversicherer Pantaenius auf Anfrage von float. Regulierungsanfragen durch die Einwirkung feuerspeiender Berge seien dem langjährigen Versicherungsmitarbeiter indes noch nicht über den Schreibtisch gelaufen.


„Aber vergleichbare Naturphänomene hatten wir schon“, so Flindt. Vor rund zehn Jahren etwa habe ein Seebeben vor der türkischen Mittelmeerküste in einem Yachthafen für große Schäden gesorgt. Das Wasser lief durch Verschiebungen auf dem Meeresboden so schnell aus dem Hafen, dass ganze Stege mitsamt daran festgemachten Booten weggeschwommen seien. „Das gibt’s eben auch.“ Yachten hätten sich losgerissen, seien kollidiert und auf Untiefen gelaufen.
Noch länger zurück liegt ein Tsunami vor der Küste Algeriens. Am 21. Mai 2003 bebte dort die Erde, so dass mehr als tausend Gebäude an der Küste einstürzten. Dabei starben insgesamt 2.266 Menschen. Außerdem wurde eine Welle verursacht, die mit 300 km/h Geschwindigkeit nordwärts zog. Eine knappe Stunde nach dem Erdbeben erreichte sie die spanische Balearen-Inselgruppe. Trotz der Entfernung von 272 Kilometern war der Tsunami dort noch stark genug, um in zwei aufeinander folgenden Wellen hunderte Boote zu beschädigen. Weil rechtzeitig gewarnt wurde, gab es keine Todesopfer.