Schlafen im Hafen nicht mehr verboten
Wer auf dem Wasser unterwegs ist, will auch mal auf dem Boot im Hafen schlafen. Und viele tun es. Übernachten an Bord ist unter Segel- und Hausboot-Crews überall ein Common Sense, aber an Land offenbar nicht jedem bekannt. So muss wohl die jetzt gerichtlich gekippte Entscheidung einer Berliner Behörde verstanden werden. Sie belegte einen der größten deutschen Segelvereine vor kurzem mit einem Übernachtungsverbot auf den Booten, wenn die fest am Steg liegen.
Aus Sicht des betroffenen Vereins Seglerhaus am Wannsee ein Präzedenzfall, den es zu verhindern galt. Daher zog der VSaW vor Gericht – und erhielt jetzt die Bestätigung. Das Übernachten auf dem Boot am Steg bleibt weiterhin erlaubt. „Es wäre das erste Mal gewesen, dass eine Berliner Behörde ein Übernachtungsverbot verfügt hätte“, erklärt der Rechtsanwalt Rolf Bähr gegenüber float die Dringlichkeit für seinen Verein, hier etwas zu unternehmen. Seit Gründung des Vereins am Wannsee vor über 150 Jahren habe es keine solche Einschränkung gegeben.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts erlaubt nun ausdrücklich den Aufenthalt auf dem Boot am Steg für ein bis zwei Nächte. Wer an einer Regatta teilnimmt, darf sogar bis zu fünf Nächte an Bord im Hafen verbringen. Ein grundsätzliches Übernachtungsverbot kann es nach Ansicht des Gerichts nicht geben. Nach fünf Tagen, so das Gericht, könne man aber möglicherweise von Wohnen sprechen.
Eine „gemeinverträgliche Nutzungsdichte des Gewässers“ werde nicht überschritten, so lange man ein Sportboot vorrangig für Ausfahrten benutzt und nicht nur ausnahmsweise, so die Begründung. Erst die Nutzung von Sportbooten zum längeren Übernachten an der Steganlage verändere ihren Charakter. Sie werden damit zu festen Wohnsitzen – und die sind nicht erlaubt. Das Urteil mit dem Aktenzeichen Az. VG 10 K 273/20 ist noch nicht rechtskräftig.
Die Stahlpfähle waren durchgerostet
Der Anlass für den Versuch, das Schlafen im Hafen zu verbieten, war die Renovierung der VSaW-Steganlage am Berliner Wannsee. Bereits 2020 hatte der Verein dafür den Antrag gestellt. Die alten Stahlpfähle des Hafens waren durchgerostet, neue mussten eingerammt werden. Die zuständige Behörde erteilte die Genehmigung, allerdings unter einer Auflage: Das Wohnen und Übernachten an Bord war zukünftig kategorisch untersagt.

Die Verwaltung begründete diese neue Sicht mit dem Gewässerschutz. Die Genehmigung, so berichtet Rolf Bähr, sei nur zwei Sätze lang gewesen. Die Nebenbestimmungen und Auflagen hingegen umfassten 13 Unterpunkte – inklusive Übernachtungsverbot. Der frühere Präsident des Deutschen Segler-Verbands zu float: „Vieles nehmen wir ja hin, aber das nicht.“
Nach Auskunft Bährs nicht das erste Mal, dass Berliner Behörden Kojen stilllegen wollen: „Vor drei Jahren gab es schon einmal einen solchen Versuch“, sagt das VSaW-Ehrenmitglied. Damals sei der Vorstoß am lautstarken Protest der Szene gescheitert. Auch der Berliner Segler-Verband habe sich erfolgreich gegen das Übernachtungsverbot stark gemacht. Der Wannsee ist eines der am stärksten frequentierten Wassersportreviere Europas, immer wieder gibt es Beschwerden wegen Übernutzung.
Befristung bereitet dem Verein Sorgen
Rechtsanwalt Bähr hat in jüngerer Vergangenheit bereits drei Vorstöße gegen aus seglerischer Sicht unausgewogene behördliche Entscheidungen unternommen. So verhinderte er erfolgreich ein generelles „Hausbootverbot“ auf dem Wannsee, weil die Rechtsnorm gravierende Mängel hatte. „Ein Hausboot ist gar nicht definiert“, so Bähr. „Sobald es einen Antrieb hat, ist es ein Sportboot.“

Auch ein nächtliches Beleuchtungsverbot von Stegen sowie ein generelles Überwinterungsverbot von Booten – jeweils begründet mit dem Naturschutz – hat der Jurist erfolgreich abgeblockt. Doch die Auseinandersetzung geht offenbar weiter: Die Genehmigung für die Steganlage wollte die Behörde auf zwanzig Jahre befristen, auch dagegen hat Bähr für den VSaW geklagt. Das Verwaltungsgericht hat auch diese Eingabe bejaht: Eine Befristung auf 30 bis 40 Jahre sei angemessen.
„Wir überlegen, ob wir da in Berufung gehen“, sagt der Segler und Jurist. Denn bisher gab es keine Befristung bei Genehmigungen für Steganlagen und andere Wasserbauten von Segelvereinen. „Es kann sein, dass nach Ablauf der Frist der Rückbau droht. Das ist auch schon ein paar Mal vollzogen worden.“ Das mache vielen Vereinen Angst. Daher will Bähr im Einvernehmen mit dem VSaW erreichen, dass eine Befristung generell aus solchen Genehmigungen verschwindet und mögliche Befristungen durch die Behörde begründet werden müssen.
Nicht nur in Berlin müssen Wassersportvereine befürchten, mittelfristig durch Übernachtungsverbote und andere Auflagen von den Uferzonen verdrängt zu werden: Auch in Flächenländern wie Rheinland-Pfalz und Brandenburg hat es bereits ähnlich rigide Auflagen gegeben. In Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern dagegen seien die Behörden merkbar toleranter, sagt Rolf Bähr.
Folkeboote fliegen zur Meisterschaft
Die Skandinavier haben es erfunden, und der Rest der Welt hat sich verliebt: in das nordische Folkeboot. Der robuste und vielseitige kleine Klassiker wird seit 1942 in beinahe unveränderter Form auf Kiel gelegt und hat Verehrer rund um den Globus. Über 4.000 Folkeboote sollen bislang gebaut worden sein.
Auch den Deutschen hat es das „Volksboot“ aus der nördlichen Hemisphäre sehr angetan. Ein Folkeboot ist leicht beherrschbar und dadurch für verschiedene Altersgruppen geeignet. Das macht diesen Bootstyp so beliebt. Es wird geschätzt, dass aktuell etwa 800 Folkeboote unter deutscher Flagge segeln.

Schnell einsetzende Schräglage
Bei mehr Wind wundern sich Neulinge an Bord über die schnell einsetzende Schräglage des Bootes, merken aber rasch, dass es sich sicher und vor allem auch trocken segeln lässt. Als klassischer Langkieler verhält sich das nordische Folkeboot sehr lage- und kursstabil. Dabei ist es erstaunlich wendig und lässt sich auch auf kleinstem Raum gut manövrieren.
Gleichzeitig lässt sich das Folkeboot sehr anspruchsvoll und feinjustiert segeln. Das macht es für den sportlichen Vergleich attraktiv. Beweis dafür ist die hierzulande sehr aktive Regattaszene, die jedes Jahr auf den elf deutschen Revieren von der Flensburger Förde bis hinunter zum Bodensee zahlreiche Wettfahrten auflegt.

Segeln um die Deutsche Meisterschaft
Wer sich von den Regattaseglern dieser Klasse die deutsche Meisterkrone aufsetzen darf, wird seit 1973 jährlich bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft (IDM) ausgesegelt. Dabei wechselt der Ort jeweils zwischen einem Küsten- und einem Binnenrevier, und die Teilnahme ist für Wettbewerber aus anderen Ländern offen.
Bei Folkeboot-Regatten wird normalerweise nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen gesegelt.
In diesem Jahr – vom 21. bis 27. September 2019 – wird die IDM der Folkeboote in Berlin stattfinden. Gastgeber des Events ist die Seglervereinigung 1903 Berlin e.V., kurz SV 03. Deren Clubgelände liegt an der Klaren Lanke nördlich der Insel Schwanenwerder. Auf den Berliner Seen ist übrigens mit etwa 180 Booten die deutschlandweit größte zusammenhängende Folkeflotte beheimatet. Da passt es, dass die Boot & Fun Berlin, die als eine der großen Bootsmessen in Deutschland den Breitensport fördert, auch die aktuelle Folke-IDM unterstützt.

Vom ersten Wettfahrttag an wird es spannend: Die besten 40 Crews aus Deutschland und ein Boot aus Dänemark gehen auf der Unterhavel und dem Wannsee an den Start. Die Leistungsdichte im Regattafeld wird wie jedes Jahr hoch sein. Aber bei Folkeboot-Regatten wird normalerweise nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen gesegelt. Es macht den Charme dieser Klasse aus, dass sich die Teilnehmer von den vielen Regatten her gut kennen, der Zusammenhalt groß ist und die Atmosphäre trotz der sportlichen Konkurrenz immer familiär bleibt.
Berliner Segler mit guten Chancen
Von den Berliner Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird bei der anstehenden Meisterschaft auf ihrem Heimrevier viel erwartet. Denn aus der Berliner Regattaszene können gleich mehrere Segler in den Kampf um das Podium eingreifen.

So gehören zum Beispiel Andreas Blank und seine Crew vom Verein Seglerhaus am Wannsee (VSaW) zu den Mit-Favoriten. Bereits 2013 wurden sie in Berlin Deutsche Meister und sind in der Rangliste stets weit oben zu finden. Mit Andreas Haubold kommt ein weiterer heißer Kandidat aus dem VSaW. Er ist außer im Folkeboot sehr erfolgreich auch im Drachen, in der 6mR-Klasse sowie im 22er Schärenkreuzer unterwegs.