Das ist doch mal was! Da schreibt der an der Außenalster in Hamburg ansässige Norddeutsche Regatta-Verein (NRV) eine Regatta nur für alte Menschen aus. Genauer gesagt: für sehr alte! Wäre das nicht etwas für mich?
Auf dem Gelände des Norddeutschen Regatta-Vereins kann man sich durchaus wohlfühlen. Gerade dann, wenn man seinen segelbaren Untersatz aus Altersgründen längst gegen einen Stuhl auf der Vereinsterrasse eingetauscht hat. Hier genießt man aus sicherer Distanz seine alten Tage – tagsüber bei einem Mittagessen und abends zum Sonnenuntergang beim Sundowner. Und erinnert sich versonnen an vergangene Segelaktivitäten vor der Skyline Hamburgs. Nicht von ungefähr heißt die Adresse des 1868 gegründeten Vereins „Schöne Aussicht“.

Never stop sailing!
Ich stelle mir also vor – auch selbst schon ein bisschen in die Jahre gekommen –, wie ich gedankenverloren auf der Terrasse des Clubs sitze. Und als ich so beim Alster über die Alster schaue, gesellt sich Klaus Lahme, der Clubmanager und Sportdirektor des NRV, zu mir. Und er berichtet von der neuen Regatta für die Alten. „Ü80“ soll sie heißen und für die Ältesten im Club die passende seglerische Herausforderung sein.
Schluss also mit dem entspannten Herumsitzen? Steht nicht das Wort Regatta groß in der Mitte des Kürzels NRV? Das soll nun also auch für die Betagten noch gültig sein, haben die Verantwortlichen des feinsten Hamburger Segelclubs entschieden, und laden am 24. August 2021 zum ersten Mal bundesweit unter dem Motto „Never stop sailing!“ die Generation 80+ zu einer Regatta ein.

Damit auch die Seglerinnen und Segler, die nicht mehr so sicher auf den Beinen sind, dabei sein können, soll für sie ein spezielles Boot zum Einsatz kommen. Meine Knie sind noch in Ordnung – aber ich bin ja auch erst gerade etwas über 70 Jahre und fitter Jollensegler. Einer, der notfalls gern noch mal im Trapez steht, wenn es sich ergibt.
Würde ich das wollen?
Dennoch führe ich das Gedankenspiel mal fort, und ich stelle mir vor, dass ich bereits im nächsten Jahrzehnt angekommen bin – und gerne an der Regatta teilnehmen würde.
Ich überlege, wie das denn gehen soll, wenn es im eigenen Rigg schon knarrt. Mit dem Stock den Steg entlang zu tapern, das wäre vielleicht noch o.k. Aber wie komme ich dann als Nächstes ins Boot? Unwillkürlich muss an diese Reha-Sitze denken, die es in Schwimmbädern manchmal gibt. Das würde gehen, denke ich. Also, warum nicht?

Aber wenn da alle zuschauen? Und so frage ich mich: Wollen die Alten das wirklich? Besonders, wenn man sich einst auf nationalen oder gar internationalen Regatten mehr oder weniger erfolgreich geschlagen hat. Und, weiter gedacht: Lassen sich die betagten Sieger mit dieser Einladung so plötzlich aus ihrem Segler-Ruhestand reißen und ihren guten Ruf aufs Spiel setzen?
Stellen sich die Organisatoren allen Ernstes vor, dass ich noch einmal Adrenalin-geschwängert um die Tonnen jage?