Erst in den sechziger Jahren kam es in Französisch-Polynesien zu einer Renaissance der Tätowierung und einer Rückbesinnung auf die alten Sitten und Bräuche der Vorfahren.
Seemanns Motive
Die sich etablierende Tattoo-Szene in den Hafenstädten der alten Welt entwickelte schnell eine eigene Bildsprache. Die verwendeten Symbole entstammten der Nautik und hatten oft mit Aberglaube zu tun. Auch heute noch sind viele dieser Motive sehr beliebt – ohne dass die Tattoo-Träger wahrscheinlich wissen, was sie bedeuten.

Die Kompassrose, auch Nautischer Stern genannt, ist an den Polarstern oder Nordstern angelehnt, der eine große Bedeutung bei der Astronavigation hat. Die Kompassrose war das Symbol für den sicheren Heimweg. Der Träger dieses Tattoos fand dem Aberglauben nach seinen Weg zurück in die Heimat. Zudem sollte der Nautische Stern Glück bringen. Die abergläubischen Seefahrer ließen sich den Stern auf die Hand tätowieren, um das Glück stets vor sich zu haben.
Eine ähnliche Bedeutung hatte die Schwalbe. Denn auch der bekannte Vogel findet selbst nach langen Distanzen auf See immer wieder zurück an Land. Damit diente die Schwalbe als Glücksbringer und Beschützer. Später bekam die Schwalbe noch eine weitere Bedeutung in der US-Handelsmarine. Sie wurde zum Bestandteil des tätowierten Logbuchs, das Seemänner auf ihre Haut stechen ließen. Eine Schwalbe bedeutete, dass der Matrose 5.000 Seemeilen auf dem Buckel hatte. Zwei Seeschwalben bedeuteten dementsprechend 10.000 Seemeilen.

Wer durfte sich ein Segelschiff stechen lassen?
Wer Kap Hoorn umsegelt hatte, der durfte sich ein komplettes Segelschiff stechen lassen. Und nur der! Denn der Matrose musste würdig sein, ein solches Tattoo zu tragen. Also war es nur den mutigsten und besten gestattet, die sich der See komplett ergeben hatten. Die gleiche Bedeutung hatte übrigens auch der Ohrring der Matrosen. Den durften nur Männer tragen, die Kap Hoorn überwunden haben, und der Ohrring wurde stets an der Seite getragen, wo das Land war.
Ebenfalls als bildlicher Logbucheintrag dienten der Anker, die Schildkröte und der Drache. Matrosen (wie Popeye) stellten durch ihre Anker-Tätowierung nicht nur klar, dass sie den Atlantik überquert hatten. Das Symbol steht auch für Schutz, Stabilität und Sicherheit – und ebenso für Treue, Ehre und Hoffnung. Wer den Äquator überquert hatte, durfte sich eine Schildkröte stechen lassen. Die gleiche Bedeutung hat auch ein Bildnis Neptuns. Und wer den Drachen unter der Haut trug, war schon bis nach China gesegelt.

Andere Tiermotive wie Schwein und Hahn haben eine andere Bedeutung. An Bord der stolzen Segelschiffe waren oft lebendes Geflügel und Schweine, gedacht für die Kombüse. Wenn Schiffe sanken, überlebten oft ausgerechnet diese Tiere. Deshalb wurden Schwein und Hahn zu Glückssymbolen. Einige Seeleute glaubten: Wenn sie Tattoos mit diesen tierischen Abbildungen trugen (meist an Füßen oder Beinen), dann würden die Götter der Meere auch sie bei einem Schiffbruch verschonen.
Ein Schwein auf dem Bein
Daher stammt auch das englische Sprichwort „A pig on the knee, safety at sea. A cock on the right, never lose a fight“. Dass ausgerechnet diese Tiere Katastrophen an Bord überlebten, hat aber vermutlich wenig mit dem Einfluss der Götter zu tun. Grund ist die Tatsache, dass Tiere in Käfigen gehalten wurden: Die waren aus Holz – und schwammen.

Wer heute einen Leuchtturm auf der Haut sieht, denkt wahrscheinlich an eine herbe Biersorte aus dem hohen Norden Deutschlands. Als Tattoo ist der Leuchtturm aber keine Huldigung des Ankerbieres, sondern soll den Matrosen an seine Heimat erinnern. Zugleich symbolisiert der Leuchtturm Licht, Hoffnung und Sicherheit – und garantiert damit eine gesunde Rückkehr.
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