„Es war an der Zeit, mir ein großes Boot zuzulegen.“ So fangen viele spannende Segler-Geschichten an – auch die folgende, die wortwörtlich unter Hochspannung steht: Charles Kuehmann verbrachte seine halbe Jugend auf Booten seines Vater im Colorado River, lernte an der Uni in Chicago segeln und startete später in Kalifornien seine berufliche Laufbahn.
Mit großem Erfolg: Der Ingenieur gründete ein Unternehmen für innovative Werkstoffe, entwickelte neuartige Aluminium-Legierungen und leitet heute die Werkstoffentwicklung von Tesla Motors und Space X, zwei der innovativsten Unternehmen der Welt unter Führung des schillernden Gründers Elon Musk.
Und Kuehmann ist Eigner einer Segelyacht mit dem modernsten Antrieb, der zurzeit möglich ist: Seine „Tiha Strela“ ist vor der Küste Kaliforniens lautlos mit einem 40 PS starken Elektroantrieb unterwegs – sind die Akkus leer, lädt sie ein effizienter Dieselgenerator an Bord schnell wieder auf. Bis zu 50 Seemeilen beträgt die Reichweite des Hybridantriebs.

Zwei Antriebsquellen
Je steiler die Karriere, desto größer die Verantwortung – und umso wertvoller die Freizeit und der Wunsch nach Entspannung, zum Beispiel am Steuer eines Boots. Kuehmann erinnerte sich irgendwann seiner unbeschwerten Jugendtage auf dem Wasser und beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen.
Natürlich kaufte er nicht einfach irgendein Boot: So energisch und konsequent wie im Berufsleben treibt der Amerikaner auch private Projekte voran. Er entschied sich für ein Boot mit maßgeschneidertem innovativen Antrieb – natürlich elektrisch, denn: „Ich arbeite für Tesla. Ich kenne die Vorteile von elektrischer Energie.“
Sein Segelboot ist eine slowenische Elan GT5 – und dank Diesel-Hybridantrieb ein Boot, mit dem es sich noch leiser seglen lässt. Elan Yachts ist bekannt für seine sportlichen, performance-orientierten Cruiser, demnächst wird mit der Elan GT 6 das bisher größte Modell vorgestellt. Kuehmanns Yacht hat zwei Antriebsquellen, einen Diesel- und einen Elektromotor.
Wichtige Komponenten wie Motor und Lademanagement stammen vom deutschen Hersteller Torqeedo. Deren ambitionierteste Entwicklung Deep Blue Hybrid ist eines der wenigen integrierten Systeme für maritimes Motor-, und Antriebs- und Energie-Management.
Keine Kompromisse
Kuehmann gibt sich nicht mit Kompromissen ab: Wer zum Mars will, der kauft kein Boot von der Stange. „Ich suchte nach einem schnellen, leichten und effizienten Rumpf, der trotzdem eine ordentliche Unterkunft für Wochenenden an Bord und Küstenfahrten bietet.“

Leichtigkeit ist die wichtigste Bedingung für elektrischen Antrieb mit hohem Wirkungsgrad, um eine nennenswerte Reichweite zu erhalten. Der Manager entschied sich für eine Elan-Yacht, weil die verwendeten Werkstoffe den Fachmann überzeugten.
Batterien von BMW
Aufgrund der geringen Stückzahlen, so erklärt der Experte, sei die Yachtindustrie für innovative Lösungen auf Anregungen aus anderen Industrien angewiesen – beispielsweise der Auto- und Luftfahrtbranche. So nutzt auch Torqeedo für seine Akkus die erprobte Großserientechnik von BMW.
Für eine maßgeschneiderte Deep-Blue-Antriebsanlage veranschlagt der Hersteller acht bis zehn Wochen Lieferzeit. Ein Antrieb wie der in Kuehmanns Yacht kostet derzeit ab etwa 90.000 Euro. Das System ist modular aufgebaut, die Anpassung übernehmen bei Bedarf Ingenieure aus der Entwicklung.
Das System ist, wie Torqeedo-Sprecherin Tess Smallridge erläutert, mehr als eine Kombination aus Kraftwerk und Antriebsanlage: Es managt die gesamte Energiegewinnung, auf Wunsch auch als Kombination aus Solar-, Windkraft- und Saildrive-Anlage.
Auf Wunsch des Kunden, der überwiegend an den Wochenenden segelt, wurde die Anlage auf regelmäßige Landstrom-Zufuhr und mit dem Dieselgenerator für Offshore-Versorgung ausgelegt. Das ist nicht das Ende der Möglichkeiten: „Wenn jemand ein total emissionsfreies Antriebssystem wünscht“, heißt es von Torqeedo, „bauen wir ihm auch so etwas.“

Kuehmann hat seine eigene Meinung dazu: „Bei High-End-Yachten können Sie ideale Materialien und Systeme auswählen, ohne sich Gedanken über den Umfang und die Schwierigkeiten der Massenproduktion machen zu müssen, die für den Bau von Autos erforderlich sind, die zudem einen wettbewerbsfähigeren Preis erzielen müssen.“
Lob für die Qualität
Die Marke Elan ist dafür, aus seiner Sicht, ein solches Ideal. „Die Elan GT5 verwendet die hochwertigsten Materialien.“ Kuehmann zählt auf: Strukturelle Stirnwände erhöhen ebenso wie die Laminierung mit 3D-Vakuuminfusionstechnologie die Festigkeit des Rumpfs. Auch der Sandwich-Aufbau der rund 13 Meter langen Yacht ist für den Amerikaner der besonderen Erwähnung wert: „Rumpf und Deck bestehen aus GfK, der einen Kern aus Schaumstoff mit geschlossenen Poren enthält.“ Insgesamt habe ihn die hervorragende Verarbeitung der auch in Deutschland erhältlichen Boote beeindruckt.
Und dazu ein hybridelektrischer Antrieb: Der Manager war sich bewusst, dass er hier auf unbekanntes Terrain vorstoßen würde. Schon allein deshalb, weil weder Elan noch Torqeedo bei der „Hochzeit“, also der Zusammenführung von Motor und Boot, assistieren konnten. Damit begann das Abenteuer.