La Grande-Motte, ein Retorten-Ort im Südwesten Frankreichs, ist diese Woche der Mittelpunkt der Welt – jedenfalls für alle, die sich mit Mehrrumpfbooten befassen. In der örtlichen Marina liegen vom 20. bis 24. April mehr Kats und Trimarane zur Besichtigung bereit als bei jeder anderen Bootsmesse weltweit. Das selbstgesteckte Ziel, mehr als 60 Mehrrumpfboote auszustellen, haben die Veranstalter übertroffen.
Warum es eine Bootsmesse speziell für Katamarane braucht, erklärt sich aus dem Erfolg der extrabreiten Schiffe bei Fahrtenseglern. Die französischen Bootsbauer, seit jeher ozeannah zweirumpfig unterwegs, dominieren mittlerweile den Serienbootsmarkt für Kats. Vielleicht ist der Wunsch, Komfort und Tempo zusammenzubringen, auch ur-französisch.
Die Nachfrage nach immer mehr Komfort auf dem Wasser ist riesengroß. Neben den segelnden Feriendomizilen treten Motor-Kats inzwischen aus der Marktnische heraus. Hauptsache: Platz an Bord. Natürlich sind die aktuellen Modelle der Platzhirsche Fountaine Pajot und Excess in La Grande-Motte zu sehen, aber auch Exoten wie Neel.
Elektroantriebspionier Torqeedo zeigt nicht nur die gesamte aktuelle Motorenpalette. Mit der Excess 15 Hybrid ist auch die erste Kat-Kooperation mit Beneteau ausgestellt.
Die Inwater Boat Show am Mittelmeer ist inzwischen auch die Bühne für Neuheiten: Mehr als ein halbes Dutzend Weltpremieren gibt es allein bei den Kats unter Segeln. Dazu kommen einige Europa-Premieren, darunter auch ein Motor-Kat.
Weltpremiere Bali 4.4
2014 hat die französische Werft Catana ihre neue Marke Bali erstmals vorgestellt. Seitdem haben die Franzosen den Markt für Fahrtenkatamarane aufgerollt. Charakteristisch für die neun Modelle von 40 bis 54 Fuß ist die einheitliche Plattform zwischen den Rümpfen, die von achtern bis zu den Bugen reicht.
Die jetzt als Weltpremiere angekündigte Bali 4.4 ersetzt gleich zwei ältere Typen, die Bali 4.5 und 4.3. Das von Werftchef Olivier Poncin entworfene Schiff gefällt: Der Hauptsteuerstand ist auf der Backbordseite der Flybridge. Da der Mast recht weit hinten steht, bleibt die im Standard angebotene Selbstwendefock relativ groß.
Mit dem 2020 in Düsseldorf vorgestellten Catspace holte Catana alles raus, was unter Segeln auf 40 Fuß an Platzangebot möglich ist – unter anderem einen Riesenkühlschrank. Auch hier ist er mit 615 Litern Fassungsvermögen gigantisch, aber angemessen. Das mag banal klingen, ist jedoch, wie float schon beim Catspace diagnostizierte, „ein großes Leidthema“ vieler Chartergäste.
Weltpremiere Catana 40 Ocean Class
Aus dem gleichen Hause kommt die Catana 40 Ocean Class. 2020 stellt Catana ihre Blauwasserserie Ocean Class vor. Das 52-Fuß-Schiff kommt mit einem einzigen erhöhten Steuerstand am Steuerbordschott. Nun folgt die 40-Fuß-Weltpremiere, als Ergebnis zweijähriger Entwicklungsarbeit. Der Fahrtenkatamaran soll „neue Maßstäbe für Luxus“ auf Blauwasserfahrt setzen.
Bei allen Windbedingungen soll das Segeln „ein echtes Vergnügen“ sein, wofür neue Rümpfe entwickelt wurden. Am Heck sind die Plattformen breit, was mehr Platz und eine bessere Manövrierfähigkeit vom Heck aus ermöglicht. Die Fallen und Winschen sind zentral und in der Nähe des Steuerstandes angeordnet. Platz? Reichlich!
Weltpremiere C-Catamarans 48
Spannend ist der als Weltneuheit angekündigte Entwurf C-Cat 48 des jungen Yacht Design Collective von François Perus und Romain Scolari. Dieses Team hat auch den ITA 14.99 konstruiert. Inspiriert von der Gunboat 60 und der Outremer 4X, wird das Boot in Fiumicino in der Nähe von Rom gebaut.
Die C-Cat 48 hat einen doppelten Steuerstand am Heck. Der Steuermann hat direkten Zugriff auf die gesamte Decksausrüstung und kann die Segel kontrollieren, ohne das Cockpit zu verlassen. So lässt sich die Neuheit sowohl unter Segeln als auch beim Anlegen von einer Person steuern.
Die Segeltragzahl liegt bei über 26, wenn das Großsegel und die Selbstwendefock eingesetzt werden. Außerdem gibt es eine Genua und Optionen für Gennaker, Code Zero und Parasailor/Spinnaker.
Weltpremiere Lagoon 51
Alles Öko? Nein, alles noch nicht. Aber man ist sich seiner ökologischen Verantwortung bei Lagoon durchaus bewusst. So werden an manchen Stellen Hanf-Verbundplatten und biobasierte Harze eingesetzt.
Stoffe aus recycelten Materialien kommen bei den Polstern zum Einsatz. Schaut man sich die ersten Bilder der neuen Lagoon 51 an, erkennt man sofort große Veränderungen zur Vorgängerin.
Der größte Unterschied gegenüber der Lagoon 50 ist die echte Flybridge. Eine bedeutende Veränderung ist die neue Position des Masts. Der steht jetzt nicht mehr wie bisher eher störend in der Salonmitte, sondern ist nach vorn gerückt. Allerdings ersetzt nun die Genua die bisherige Selbstwendefock. Ausgestellt werden auch die Lagoon 42, 46 und Sixty 5.
Weltpremiere Marsaudon ORC 57
Marsaudon Composites wurde 1999 gegründet und war eines der ersten Unternehmen, das sich in der ehemaligen U-Boot-Basis in Lorient niederließ. Die jüngste Baureihe heißt ORC – es ist die umbenannte TS-Baureihe. Der Marsaudon TS 42 hat vorgemacht, wie modern und leistungsstark Segelyachten mit Doppelrumpf sein können – und dabei noch gut aussehen. Der Marsaudon TS 5, die float 2019 vorstellte, war sowohl für Fahrtensegler als auch für den Offshore-Einsatz konzipiert.
Und nun, wieder als Premiere zur Multihull Show, die ORC 57. Der Kat ist das Ergebnis einer zweijährigen Zusammenarbeit der französischen Werft mit dem Designbüro von Marc Lombard. Der neue Kat besitzt dieselben fließenden Linien der sportlichen Schwestermodelle. Die ORC 57 ist serienmäßig mit vier großen Kabinen ausgestattet und bietet insgesamt Platz für neun Personen. Jeder Rumpf verfügt über ein großes Bad und eine Dusche, beide mit Schiebetüren und viel Stauraum.
Weltpremiere Squalt Marine CK 70
Aluminium als Werkstoff für Yachten wird hauptsächlich fürs Blauwassersegeln genutzt. Mehrrümpfer aus Leichtmetall sind trotzdem noch recht selten auf dem Markt. Einer davon ist CK 70 von Squalt Marine aus Bizerta in Tunesien. Wir wissen nicht viel über das 38 Tonnen schwere Hochsee-Schiff, das bei 22,20 Metern Länge über alles bis zu 320 Quadratmeter Segelfläche vor dem Wind bietet.
Die ausgestellte Version hat vier geräumige Privatkabinen, dazu zwei komfortable Kabinen für die Besatzung in den Bugspitzen mit eigenem Zugang. Um unterwegs möglichst lange Energie-autark zu sein, ermöglicht das Dach die Installation einer großen Anzahl von Sonnenkollektoren als Energiequelle.
Europa-Premiere Balance 482
Eine teils schwierige und 6.300 Seemeilen lange Anreise hatte die Besatzung der „inBalance“, um es rechtzeitig zur Messe nach Frankreich zu schaffen. Jetzt wird der Fahrtenkat Balance 482 zum ersten Mal in Europa dem Publikum vorgestellt. Bei der Jungfernfahrt im August 2021 schlug sich der Kat bei hohem Wellengang vor Kapstadt hervorragend. Man segelte mit vielen Gästen bei mäßigen Winden und vier Meter hohen Wellen – „reibungslos“, wie die Werft mitteilt.
Ihre Performance erreicht die Balance 482 durch schmale Rümpfe, die entweder mit Festkiel oder doppeltem Schwert ausgestattet sind. Unterstützend wirken außerdem die Wavepiercer-Buge. Crew und Boot werden den ganzen Sommer über in Europa bleiben. Außer in Barcelona und Valencia wird der Kat im September auch beim Cannes Yachting Festival zu sehen sein.
Europe-Premiere Nautitech 44 Open
Das dritte Leben von Nautitech überschrieben wir 2018 die Neuigkeit, dass die französische Bavaria-Tochter wieder den traditionsreichen Namen Nautitech angenommen hatte. Im Sommer 2021 kündigte Nautitech als Neuheit die Nautitech 44 Open an. Sie reiht sich zwischen der 40 Open und der 46 Open ein. Nun wird das von Marc Lombard entworfene Schiff als Europa-Premiere in La Grande-Motte zu sehen sein.
Die größte Leistung gibt es mit der Option mit überlappender Genua. Die ersetzt die standardmäßige Selbstwendefock. Dazu hat Nautitech auch Optionen für einen Carbonmast und einen Bugspriet für den Gennaker, Spinnaker oder Code Zero.
Alle Leinen zum Steuerstand geführten erleichtern das Segeln allein oder mit kleiner Crew. Gerefft wird allerdings am Mast. Die Neuheit verfügt über zahlreiche Optionen für grüne Energie, darunter eine Solaranlage mit maximal 1.760 W und ein Lithium-Batterie-Upgrade.
Europa-Premiere Leopard 46 PC Powercat
Es gbit einen Neuzugang beim südafrikanischen Multihull-Bootsbauer Leopard Catamarans. Der Leopard 46 Powercat ist Nachfolger des Leopard 43 PC, von dem zwischen 2015 und 2020 139 Exemplare vom Stapel liefen. Das Boot ähnelt bei der Leistung aber eher dem Leopard 53 PC, der vor zwei Jahren vorgestellt wurde.
Das 46-Fuß-Schiff bietet deutlich mehr Komfort als der Vorgänger. Mit Drei- oder Vier-Kabinen-Layout hat der Powercat eine Flybridge, viele Sonnenbadeflächen und bis zu acht Kojen. Damit ist das Schiff vor allem fürs Cruisen in den Ferien prädestiniert. Besonders gut gefällt uns der Innensteuerstand (der fehlt beim 43 PC) für nächtliche Törns oder einfach, wenn das Wetter nicht mitspielt.
Hin und weg
Die Multihull Show fand 2010 zum ersten Mal statt, zunächst im jährlichen Wechsel an der Atlantikküste in Lorient und am Mittelmeer in Südfrankreich. Einem internationalen Publikum bekannt wurde die Messe mit dem Boom der Kats seit rund fünf Jahren. Dem Wunsch der Werften entsprechend findet die Messe nun jedes Jahr im April in La Grande-Motte statt.
Der einfachste Weg zur International Multihull Show aus dem Norden führt per Flugzeug über den nahen Flughafen Montpellier, der von KLM, Air France und Transavia angeflogen wird. Die Tageskarte ist mit 10 Euro vergleichsweise günstig und kann wie die mit 30 Euro rabattierte Dauerkarte online vorab oder vor Ort gekauft werden.