Das Nachfrage-Niveau ist so hoch, dass die Lieferantenbasis zu großen Teilen nicht darauf eingestellt ist. Das betrifft nicht nur Bavaria, sondern alle Werften: Oft greift man auf die gleichen Lieferanten zurück, die die Herausforderung haben, mehr zu produzieren als vorher in einer angespannten Lieferkettensituation, die wahrscheinlich noch 12 bis 24 Monate anhält. Das betrifft besonders Motoren und Elektronik, teils auch Holz und Gussteile.

Die Kosten steigen kontinuierlich, die Inflation zieht an: Wie sieht die Preispolitik aus? Für welchen Zeitraum können Sie Kunden den Kaufpreis zusichern, wenn sie heute bestellen?
Marc Diening: Es ist eine echte Herausforderung, die Preise der Zulieferer und Materialien zu prognostizieren, solche Anstiege haben wir in den letzten Jahrzehnten nicht gesehen, und wir gehen davon aus, dass sich das auch fortsetzt.
Die Preise steigen weiter
Wir haben bisher alle Aufträge zu festen Preisen verkauft. Wenn wir das weiter tun, bauen wir wahrscheinlich zu viel Puffer ein. Davon hat auch keiner etwas. Für mich ist wichtig, auch jetzt das Produkt erschwinglich zu halten.
Hanjo Runde: Massive Preissteigerungen bei Rohstoffen sind nicht von der Hand zu weisen, was dazu führt, dass Preise für Boote weiter steigen. Ein Boot, das heute bestellt wird, hat den kalkulierten Preis für das erwartete Auslieferungsdatum.

Wer beispielsweise heute eine Hanse bestellt, die ab Frühjahr 2024 verfügbar ist, bezahlt einen Preis, der die erhöhten Energiepreise, Löhne und Materialkosten beinhaltet, die wir bis 2024 erwarten.
Die boot 2022 wurde sehr spät abgesagt. Wollen Sie 2023 wieder ausstellen? Oder hat Düsseldorf als Standort für eine Weltleitmesse aus Ihrer Sicht Fragen offengelassen?
Marc Diening: Für mich ist ganz klar, dass Düsseldorf die Weltleitmesse war und ist. Wir planen bereits jetzt für 2023. Ich gehe davon aus, dass die boot klar auch in den nächsten Jahren die bedeutendste Messe für uns bleibt.

Hanjo Runde: Die Messe Düsseldorf hat richtigerweise die boot abgesagt und ist damit der gesellschaftlichen Verantwortung gerecht geworden. Ich glaube, heute ist noch nicht absehbar, welche Rolle die Pandemie spielen wird. Vielleicht gibt es da eine neue Variante, und das wird natürlich unsere Entscheidung beeinflussen.
Die Befragung unserer Partner zur Zukunft von Messen hat ergeben, dass generell die Digitalisierung an Gewicht gewinnt und dass Partner eher auf kleinere Inhouse-Events und Inwater-Messen setzen.
Investition in viele Segmente
Wo sehen Sie die wirtschaftlich erfolgversprechendsten Perspektiven für Ihr Unternehmen? Mehr beim Segeln, mehr bei den Motoryachten, eher Daycruiser oder Boote für die Langstrecke?
Hanjo Runde: Aktuell laufen alle unsere Marken überdurchschnittlich gut. Wahrscheinlich auch, weil wir bei unserer Entwicklungsarbeit auf Modelle gesetzt haben, die – wie die Fjord 41 XL, die Hanse 460 oder das Einstiegsboot Ryck 280 – ihresgleichen suchen.
